Oberhausen. Rund 1840 Kita-Plätze fehlen in Oberhausen. Kinderbetreuung ist also ein knappes Gut. Was müssen Eltern machen, um eine Platzzusage zu erhalten?

Im August startet das neue Kitajahr 2020/21. Wer einen Platz für Kinderbetreuung in Oberhausen braucht, muss den Bedarf über das Online-Portal „Little Bird“ anmelden – und braucht dann nur noch auf die Zusage warten?

Leider nicht, denn schon jetzt ist klar, dass im kommenden Kitajahr stadtweit 770 Betreuungsplätze für Kinder ab drei Jahren und 72 Plätze für unter Dreijährige fehlen. Hinzu kommen die Unversorgten aus diesem Kitajahr: Rund 1000 Kinder, für die 2019/20 Bedarf angemeldet wurde, die aber kein Platzangebot erhalten haben. Sie rutschen nach und nach ins System, zum Beispiel wenn Neu- und Erweiterungsbauten fertig gestellt sind. Da stellen sich viele Eltern die Frage: Nach welchen Kriterien vergeben die Einrichtungen eigentlich ihre wenigen freien Plätze?

Kita-Rat stellt Kriterien auf

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Jede Kindertageseinrichtung in NRW stellt eigene Aufnahmekriterien auf, heißt es dazu aus dem Rathaus. Das „Kinderbildungsgesetz“ (KiBiz) sieht vor, dass der Rat der jeweiligen Kindertageseinrichtung (in dem Gremium sind Eltern, Leitung und Mitarbeiter vertreten) Kriterien für die Vergabe der Plätze aufstellt. Auf ein Kriterium haben sich aber alle Träger der rund 80 Kitas in Oberhausen verständigt: „Kinder, deren Geschwister bereits die Einrichtung besuchen, werden bevorzugt aufgenommen, damit die Eltern im Alltag nicht zwei verschiedene Einrichtungen ansteuern müssen“, erläutert die Pressestelle der Stadt.

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Und sonst? Räumen die Träger in Gesprächen mit der Redaktion mit dem Gerücht auf, ein möglichst früher Anmeldezeitpunkt sichere den Kitaplatz. Es gelte nicht das Prinzip: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, versichert Bernd Lösken, Oberhausener Gebietsleiter beim Kita Zweckverband, Träger der katholischen Kindergärten. Das bestätigt auch Erika Minor, Fachberaterin für Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Oberhausen. „Die Wartezeit ist kein Kriterium für die Vergabe.“

Alleinerziehend, berufstätig, Wohnort

Soziale Komponenten, die für die Eltern nachvollziehbar sind, spielen in den evangelischen Kindergärten, aber auch bei den anderen Trägern eine Rolle: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, alleinerziehender Elternteil, besondere Lebenssituationen oder Belastungen (Angehörigen-Pflege), Wohnort, Umzug (die Familie ist nach Oberhausen gezogen und hat vorher schon eine Kita besucht). Bei dem konfessionellen Träger ist auch die Gemeindezugehörigkeit ein Kriterium, ein gewisser Anteil evangelischer Kinder „muss sich im Aufnahmetableau widerspiegeln“, sagt Erika Minor. Es käme auf die gute Mischung an (das gelte auch fürs Alter und Geschlecht), natürlich besuchten auch katholische, muslimische, konfessionslose oder Kinder mit anderem Religionshintergrund die Einrichtungen der Gemeinden.

Konfession muss sich widerspiegeln

„Wir haben nicht festgelegt, wie groß der Anteil an katholisch getauften Kindern in den Kitas sein soll“, sagt Bernd Lösken. Die Kitas im katholischen Zweckverband berücksichtigten das Kriterium „katholisch“, aber „wir haben das ganze Spektrum“, sagt Lösken, „es gibt Einrichtungen mit vielen katholischen Kindern und welche, in denen es keine gibt“ – je nachdem, in welchem Stadtbezirk die Kita steht. „Alle Religionen sind bei uns vertreten.“

Gisela Larisch, Bereichsleiterin Kind/Jugend/Familie bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und damit zuständig für die Awo-Kitas, beschreibt das Punktesystem bei der Platzvergabe, das so oder so ähnlich auch die meisten anderen Träger anwenden: Die oben beschriebenen Kriterien werden für jedes einzelne Kind bepunktet, wer die meisten Punkte hat, bekommt den Platz. „Das ist eine ambitionierte Aufgabe für die Leitungen“, sagt Bernd Lösken und macht auf die Schwierigkeit aufmerksam, hundertprozentige Gerechtigkeit herzustellen: „Da ist zum Beispiel die alleinerziehende, nicht berufstätige Mutter und das Ehepaar, bei dem beide Elternteile arbeiten.“ Wer braucht den Platz jetzt dringender, „das ist manchmal schwierig zu fassen“.

Eingewöhnung in Spielgruppen

Dass die Vormerkung eines Platzes bei „Little Bird“ lediglich eine Interessenbekundung und Bedarfsanmeldung seitens der Eltern ist und keine Buchung, die eine Platzzusage bedeutet, darauf weist auch Dirk Rubin hin. Der geschäftsführende Leiter der „Bildungseinrichtungen Löwenzahn e.V.“ warnt bei Infoabenden die Eltern: „Wir gehen offen damit um, dass es nicht gut aussieht.“ Für die vier „Löwenzahn“-Standorte (ein weiterer auf dem ehemaligen Gelände der Ruhrschule ist in Planung) gebe es rund 800 Anfragen, 120 Plätze könnten vergeben werden.

Zeitplan für die Zusagen

Seit 2016 melden Oberhausener Eltern ihren Bedarf für einen Betreuungsplatz über das Online-Portal „Little Bird“ an. Die Kitas nehmen dann Kontakt mit den Eltern auf, führen Gespräche und vergeben auch die Plätze beziehungsweise erteilen die Absagen.

Derzeit läuft das Anmeldeverfahren für das nächste Kitajahr, im Februar wird der Rat der Stadt die Platz-Planung für 2020/21 beschließen und an das Land melden. Ab März/April melden die Einrichtungen sich bei den Eltern und erteilen Zu- oder Absagen – vorbehaltlich der Genehmigung des Platzkontingents durch das Land. Teilweise zieht sich der Prozess bis August, weil es immer noch wieder Verschiebungen gibt, Eltern von einem Platz zurücktreten, so dass andere zum Zuge kommen.

Gisela Larisch von der Awo erlebt nach eigenen Angaben häufig, dass Eltern sich ihres Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz (gilt ab einem Alter von einem Jahr) nicht bewusst sind. „Wir beraten die Eltern hinsichtlich dieses Anspruchs, wohin sie sich wenden und wie sie den geltend machen können.“ Die Vermittlungsstelle der Stadt ist zuständig: 0208 825-9033; Mail: kindertagesbetreuung@oberhausen.de.

Neben dem Geschwisterkind-Kriterium zieht sich der Träger größtenteils seinen eigenen Nachwuchs heran: Die Einrichtungen empfehlen Eltern, an den Eltern-Kind-Spielgruppen teilzunehmen (ab acht Monaten bis anderthalb Jahre), die als Eingewöhnungsgruppen für die Löwenzahn-Kitas funktionieren, „es ist sinnvoll, da mitzumachen“ sagt Dirk Rubin, das gebe den Kindern Sicherheit. Ein Großteil der freien Kita-Plätze werde dann mit Kindern aus diesen Gruppen belegt. Wenn das Kind bis zum Alter von zwei noch keinen Kita-Platz habe, „wird’s schwierig“, gibt Rubin zu.

Gruppen sind überbelegt

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Alle Träger betonen, dass sie bei Härtefällen immer versuchen, noch einen Platz zu schaffen, um das Kind unterzubringen. Ohnehin sind in vielen Einrichtungen die Gruppen überbelegt, um die angespannte Situation etwas zu entschärfen. „So lange, wie wir aber in der Stadt nicht in ausreichender Zahl Kita-Plätze haben, so lange wird das negative Gefühl, nicht berücksichtigt worden zu sein, bei den Eltern bleiben“, sagt Erika Minor. Und auch Bernd Lösken meint: Angesichts der großen Zahl der fehlenden Plätze seien alle Bemühungen der Träger aktuell ein „Tropfen auf den heißen Stein“.