Oberhausen. Ein Vorgeschmack auf die Ausstellung „Fotografin unter Musikern – Linda McCartney“, zu sehen vom 19. Januar bis 3. Mai in der Ludwiggalerie.
Als wahrer Beatles-Fan könnte man natürlich auch nach Liverpool pilgern: In der Walker Art Gallery startet am 25. April eine große Retrospektive des Werkes von Linda McCartney. Auch Londons gigantisches Victoria & Albert Museum wäre eine gute Adresse: Im vorigen Jahr stiftete die Familie McCartney 63 Fotografien, inklusive des späten Selbstporträts im Atelier von Francis Bacon, für das weltgrößte Museum der angewandten und dekorativen Künste. Doch auch die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen hat sich mit ihrer Erfolgsschau „British Pop Art“ bereits bestens ins Thema eingearbeitet – und zeigt nun vom 19. Januar an „Fotografin unter Musikern – Linda McCartney“.
Allerdings wäre auch die Gleichung „Musiker unter Künstlern“ nicht verkehrt, denn die Beatles hatten zur bildenden Kunst eine noch frühere Bindung als jene der beiden Ehepaare McCartney sowie John Lennon und Yoko Ono. Lennon schaffte es – trotz schlechten Notendurchschnitts – immerhin aufs ehrwürdige Liverpool College of Art. Doch beim weiten Absprung der Beatles von Rock’n’Rollern zu Pop-Revolutionären gab wohl ausgerechnet jener Beatle entscheidende Impulse, der musikalisch mit den anderen Vier nicht mithalten konnte.
Mit dem coolen Look eines Jazz-Albums
Stuart Sutcliffe tauchte in Hamburg am tiefsten in die Existenzialisten- und Künstler-Szene ein, mit der seine Freundin Astrid Kirchherr und Klaus Voormann die Beatles bekannt gemacht hatten. Als die Band nach Liverpool zurückkehren musste, blieb Sutcliffe in Hamburg, um Kunst zu studieren – und starb 21-jährig an einer Gehirnblutung. Dass die Fab Four bald speckige Lederjacken gegen kragenlose Cardin-Anzüge tauschten, dass ihr LP-Cover „With the Beatles“ den coolen Look eines Jazz-Albums hatte, entstammte zu einem guten Teil der Schule der heute 81-jährigen Fotografin Astrid Kirchherr. Für die Comic-verliebte Ludwiggalerie wäre sicher auch das Oeuvre des 40-jährigen Zeichners Arne Bellstorf entdeckenswert: Seine Graphic Novel „Baby’s in Black“ erzählte 2010 stilsicher die Geschichte von Astrid und Stu.
Im London der Swinging Sixties war Paul McCartney als letzter Single unter den Beatles der kunstbeflissene Szenegänger, der Galerien ebenso gerne besuchte wie Konzerte. Linda Eastman war ohnehin mit Kunst und Künstlern aufgewachsen: Ihr Vater Lee praktizierte als Fachanwalt für etliche große Namen der Big Band-Ära, aber auch für Maler der Avantgarde wie Willem de Kooning und Mark Rothko. Es „klickte“ schon bald zwischen ihr und Paul, nachdem die lässige New Yorkerin ihre ersten Beatles-Porträts fotografiert hatte.
Fünf Fächer von Familienleben bis Sixties
Die offizielle Homepage lindamccartney.com gliedert das fotografische Portfolio in die fünf Fächer „Familienleben, Tiere, Momente, Selbstporträts und Sixties“. Die swingenden Sechziger sind das große Thema der im Schloss Oberhausen zu sehenden Sammlung Reichelt und Brockmann. Auch die Kunst behielt Linda McCartney – neben hinreißenden Momentaufnahmen von Musikern und ihrer vier Kinder – über vier Jahrzehnte mit der Kamera im Blick. Stillleben sind bei ihr ebenso humorvoll pointiert wie ein Schnappschuss von Fans, die ins Auto hinein ihren berühmten Ehemann fotografierten.
So schuf Linda McCartney eine fein-hintergründige Hommage an Magritte mit dem Foto einer Staffelei im Grünen, darauf drapiert grüne Äpfel und das kleinformatige Gemälde eines Apfels. Die Pointe des verspielten Arrangements: Die McCartneys konnten dafür einen echten Magritte hernehmen. Ihr letztes Selbstporträt, bevor sie 1998 an Krebs starb, zeigt Linda McCartney 1997 im zersprungenen Spiegel des grandios unaufgeräumten Ateliers von Francis Bacon.
Pauls Nachruf für großen Chor und Orchester
Pauls Nachruf war kein Popsong, sondern ein klassisch gestaltetes Chorwerk in vier Sätzen: „Ecce Cor Meum“ fand sogar die Zustimmung jener britischen Kritiker, die jahrelang hämisch über die Musik des „Wings“-Paares hergefallen waren. Jetzt würdigten sie „starke Melodien verbunden mit weitgespanntem orchestralem Anspruch“. Die Ludwiggalerie will ihre McCartney-Schau zwar wieder, wie bei der „British Pop Art“, mit einem „Soundwalk“ begleiten, doch vom epischen „Sieh mein Herz“ könnte allenfalls ein kleiner Ausschnitt in dieses Format passen.
Mit Lesungen und einem „Best of“-Konzert
Prominenz bestreitet das üppige Begleitprogramm zur Linda McCartney-Ausstellung. So liest am Donnerstag, 6. Februar, um 19 Uhr Frank Goosen aus „Acht Tage die Woche – die Beatles und ich“. Karten kosten 14 Euro, ermäßigt 8 Euro.
Jürgen Sarkiss, bekannt dank seiner Rock-Shows mit der Band von Gitarrist Peter Engelhardt im Theater Oberhausen, präsentiert am Freitag, 14. Februar, um 19 Uhr „The Big Shot Music Collection“. Der Untertitel „Von Lennon über Umwege bis Hendrix“ klingt wie ein „Best of“ seiner bisherigen Programme. Karten für 14 Euro, ermäßigt 8 Euro.
Über „Fliegende Schweine und geschälte Bananen“ – also über Plattencover von Hipgnosis bis Andy Warhol – spricht Dennis Plauk, Chefredakteur des Musikmagazins „Mint“, am Sonntag, 15. März, um 15 Uhr, kostenlos in Verbindung mit dem Museumseintritt. Online informiert ludwiggalerie.de