Oberhausen. Da wird eine wichtige Straße im Oberhausener Süden besonders schön ausgebaut und die Kosten explodieren. Nun muss die Stadt Fehler einräumen.
Das ist kein leichter Gang für die Oberhausener Beigeordnete Sabine Lauxen. Überraschend nimmt die Dezernentin an der Protestversammlung der Hauseigentümer an der Styrumer und Alstadener Straße Landwehr im Oberhausener Süden teil. Die Anwohner sind immer noch empört darüber, dass sie plötzlich doppelt so viel für die Renovierung ihrer Straße mit neuen Laternen, Parkbuchten, Bürgersteigen und Asphalt zahlen sollen als vor den Bauarbeiten 2014 bekanntgegeben. Jetzt sagt Lauxen vor rund 50 Teilnehmern in der Bauernstube an der Lothringer Straße: „Dafür kann ich mich nur entschuldigen.“
Hauseigentümer müssen sich nach den gültigen Landesgesetzen bekanntlich an den Kosten eines Straßenausbaus vor ihrer Haustür beteiligen, da der Staat damit einen Teil des Wertzuwachses der Immobilien durch die Verschönerung abschöpfen will.
Einen Kostenbeitrag von sieben bis acht Euro je Quadratmeter ihrer Grundstücksfläche hatten Stadtmitarbeiter bei mehreren Bürgerveranstaltungen vor dem Ausbau der Landwehr im Jahre 2015 an absehbaren Kosten genannt. Nun sind es fast 17 Euro. „Der damalig genannte Betrag ist nicht mehr nachzuvollziehen“, muss Lauxen eingestehen, betont zugleich, für den Bereich Tiefbau seinerzeit noch nicht zuständig gewesen zu sein. Realistischer wäre die Angabe zehn bis zwölf Euro gewesen.
Unabhängige Gutachter sollen prüfen
Allerdings hätte es auch dann gegenüber der Schätzung im Jahr 2013 von rund zwei Millionen Euro für den Landwehr-Umbau gegenüber dem tatsächlichen Endpreis von 2,9 Millionen Euro ein Kostenplus von 50 Prozent gegeben – aber eben nicht von 110 Prozent. Lauxen gestand auch den Fehler der Stadt ein, die Anwohner über die zwischendurch erkennbaren Kostensteigerungen nicht rechtzeitig informiert zu haben. Das hätte man tun müssen, bedauert Lauxen heute. Die Dezernentin kündigte an, sowohl die Bauabwicklung als auch die Gebührenbescheide durch unabhängige Gutachter auf Kosten der Stadt noch einmal überprüfen zu lassen.
Während der Versammlung bricht sich der Ärger der Anwohner immer wieder Bahn. „Von sieben Euro auf 17 Euro, das gibt es doch gar nicht“, erbost sich ein Mann. „Bei 110 Prozent Steigerung setzt bei mir der Verstand aus“, sagt eine Frau. Auf Unverständnis stößt auch, dass die Bürger mit ihrem finanziellen Problem zwischen den Jahren 14 Tage lang im Rathaus niemanden erreichen konnten. „Da hatten wir komplett zu“, erklärt Lauxen.
Dabei haben die Bürger viele Fragen. So könnten sie etwa 20 Prozent an Beiträgen sparen, wenn die Stadt die Landwehr bei ihrer Beitragsberechnung zur „Hauptverkehrsstraße“ erklärt hätte. Sie gilt aber als „Haupterschließungsstraße“ – mit einem viel höheren Kostenanteil für die Anwohner. Die Beigeordnete verteidigte diese für Hauseigentümer so teure Einstufung der Straße: Die nahe Grenzstraße sei zwar eine solche Hauptverkehrsstraße, aber nicht die Landwehr. „Die Grenzstraße ist doch viel schlechter ausgebaut“, schüttelte ein Mann den Kopf.
Unmut auch bei Stadtverordneten
Kommunalpolitiker haben die Versammlung genutzt, um deutliche Kritik an Dezernentin Sabine Lauxen (Grüne) zu üben. Von „gravierenden Fehlern“ sprach Stadtverordneter Hans Tscharke (CDU). Akzeptabel seien weder die Verdoppelung der Kosten noch die fehlenden Zwischeninformationen und der Versand der Beitragsscheide so kurz vor Weihnachten.
„Wie viele Mitarbeiter im Rathaus haben die Vorauskalkulation von zwei Millionen Euro abgezeichnet?“, will sein Kollege Werner Nowak (Offen für Bürger) wissen. Sein Ratskollege Albert Karschti (Offen für Bürger) fragt: „Was hat Sie dazu gezwungen, die Bescheide schon zu verschicken?
Eine Frau beklagte sich, auf ihrem an der Landwehr betroffenen Eckgrundstück liege nur eine Garage. Und dafür müsse sie nun 5000 Euro Anliegerbeitrag bezahlen. „Ich habe schon die ursprünglich errechneten 2500 Euro für sehr hoch gehalten“, sagt sie. Da müsse sie sich mit abfinden, habe man ihr damals erklärt. Die 5000 Euro stünden ja in gar keinem Verhältnis mehr zum Wert der Garage. Wie sich zeigte, ist das nicht der einzige Fall.
Landwehr-Anwohner finden Zeitablauf merkwürdig
Noch kurz vor Weihnachten hatte Lauxen den Anwohner allerdings Erleichterungen bei der Bezahlung der hohen Summen in Aussicht gestellt – auf Grundlage des Mitte Dezember im Landtag verabschiedeten Neuerung des Kommunalabgabengesetzes. So können Eigentümer von Eckgründstücken auf Abmilderungen hoffen, alle Besitzer auf Ratenzahlungen über einen langen Zeitraum von 20 Jahren.
Merkwürdig finden Anwohner, dass die Stadt erst vor Nikolaus Bescheide über mehrere Tausend Euro pro Anwohner mit der Zahlungsfrist 9. Januar verschickt, um zwei Wochen später Erleichterungen zu verkünden. „Was ist mit den Leuten, die bereits bezahlt haben?“, fragt eine Anwohnerin. In der „Bauernstube“ begründete Lauxen den zeitlichen Ablauf mit der erst wenige Tage vor Heiligabend vom Landtag beschlossenen Reform.
Anworten am Tag danach
„Sind nicht alle Bescheide hinfällig, wenn einige Anwohner noch Ermäßigungen wegen ihrer Eckgrundstücke erhalten?“, fragt ein Mann. Müssten andere Anwohner am Ende mehr bezahlen? Lauxen muss passen.
Am Tag nach der Versammlung lässt Lauxen die Anwohner wissen, dass bis Mitte Februar in Fällen, in denen nicht gezahlt, aber Widerspruch eingelegt worden ist, keine Mahnungen herausgehen werden. Für Anwohner, die von einem Nachlass bei ihren Eckgrundstücken begünstigt werden, müssen die anderen entsprechend höhere Beiträge bezahlen.