Oberhausen. Attraktivere und sichere Fußwege und Busse und Bahnen im Zehn-Minuten-Takt: So stellen sich einige Oberhausener die Mobilität der Zukunft vor.

Die Zahlen, die Beigeordnete Sabine Lauxen (Grüne) im „Freiraum“ der Oberhausener Grünen an der Paul-Reusch-Straße präsentierte, sprechen für sich: 57 Prozent der Bürgerinnen und Bürger nutzen das Auto, nur 22 Prozent steigen in Bus und Bahn, gerade mal 14 Prozent gehen zu Fuß und ein kleiner Anteil von knapp 6,3 Prozent nutzt das Fahrrad, um sich im Stadtgebiet fortzubewegen. So sieht nach aktuellen Erhebungen der Stadt die Verkehrssituation in Oberhausen aus.

Noch erschreckender: Dabei greifen die Oberhausener vor allem bei kurzen Strecken zwischen zwei und fünf Kilometern am liebsten aufs Auto zurück, um von A nach B zu kommen. Das Fazit: Oberhausen gehört den Autofahrern – noch. Denn die Stadt will mit ihrem Mobilitätskonzept dafür sorgen, dass bis zum Jahr 2035 der örtliche Verkehr besser, umweltfreundlicher und weniger zugunsten des motorisierten Individualverkehrs organisiert wird. Passend dazu hatten die Grünen zur offenen Diskussionsrunde in die Innenstadt geladen, um über die Mobilität der Zukunft zu diskutieren.

ADFC: Falschparker im ruhenden Verkehr werden nicht sanktioniert

Und egal ob Fußgänger-, Radfahrer-, ÖPNV- oder Autoverkehr, in allen Verkehrsbereichen gibt es nach Ansicht der etwa zwanzig Diskutanten genug Stellschrauben, an denen die Stadt drehen kann.

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Burkhard Schmidt, Sprecher des ADFC Oberhausen/Mülheim, merkte an, dass der ruhende Verkehr zu einem großen Problem geworden sei: „Die Gehwege sind meist in Anliegerstraßen zugeparkt, da ist für Fußgänger kein Durchkommen mehr.“ Das Verhalten dieser Falschparker müsse stärker sanktioniert werden.

Auch viele Discounter pflasterten ihre Flächen neuerdings mit Parkplätzen zu, wobei kein sicherer Zugang mehr für Fußgänger zu den Geschäften möglich sei, meinte Lothar Ebbers, der für den Fahrgastverband ProBahn vor Ort war. Die Stadt sollte prüfen, ob man dies planungsrechtlich ändern könne.

Fußgängerwege reizvoller gestalten, Radwege ausbauen

Das Thema Elterntaxis erhitzte die Gemüter, genauso wie die mangelnde Attraktivität und Sicherheit von Fußgängerstrecken. Eine Teilnehmerin meinte, man müsse doch vernünftige Wege schaffen, damit man einen Anreiz hat, zu Fuß zum nächsten Supermarkt zu laufen. „Abends auf wenig ausgeleuchteten Strecken oder an viel befahrenen Straßen mit den ganzen stinkenden Autos vorbeizulaufen, kein Baum weit und breit – darauf hat doch niemand Lust“, pflichtete ein anderer bei.

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Bessere Ampelschaltungen, Ruhebänke für Ältere und längere Grünphasen, so lauteten die durchaus konstruktiven Vorschläge, die genannt wurden, um Fußgängerwege für alle Bürger reizvoller zu gestalten.

Stadt 2020 wegen hoher Stickoxidwerte vor Gericht?

Wegen der Feinstaubbelastung und hoher Stickoxidwerte hat die Stadt erst kürzlich ein Durchfahrtsverbot für den Lkw-Verkehr an der Mülheimer Straße erwirkt. Sollte die dortige Messstation zu hohe Werte registrieren, kann es langfristig zu erzwungenen Diesel-Fahrverboten führen, sofern die Deutsche Umwelthilfe Klage einreicht.

Sabine Lauxen gab auf Nachfrage eines Teilnehmers erstmals an, dass die Stadt voraussichtlich im Frühjahr/Sommer 2020 vor Gericht stehen könnte. Welche Rolle der örtliche Autoverkehr nun tatsächlich an der Luftverschmutzung hat, werde nochmals von der Stadt geprüft. Bislang war die Verwaltung von einem Anteil von 50 Prozent ausgegangen, wobei andere Gutachten von knapp einem Drittel sprechen.

Beim Thema Radverkehr war man sich einig, dass man im Freizeitbereich in Oberhausen insgesamt gut aufgestellt, das Radfahren im Alltag grundsätzlich aber immer noch problematisch sei. Grünen-Ratsherr Norbert Axt brachte hier ein, dass man neben besseren Zuwegen und Durchfahrtsmöglichkeiten mehr Fahrradgaragen schaffen müsste, damit Radfahrer ihre Räder sicher abstellen könnten. Dazu sollten auch die großen Wohnungsbaugesellschaften mit ins Boot geholt werden, denn „für viele Menschen fängt das Fahrradfahren im Keller an, und das ist bereits eine Hemmschwelle“, ergänzte ein jüngerer Herr.

Beispiel Wien: Parkeinnahmen sollen direkt in Infrastruktur fließen

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In Sachen ÖPNV herrschte große Einigkeit, dass es auf vielen Linien unbedingt zu einer Taktverdichtung kommen müsse. Ein Zehn-Minuten-Takt würde vielerorts zusätzliche Fahrgäste für die Stoag bringen. Erstaunlich sei jedoch, dass laut einer Teilnehmerin die Hauptverkehrswege gar nicht von Bussen und Bahnen bedient würden, vieles konzentriere sich zu sehr auf den Hauptbahnhof.

Wie sehr die Oberhausener doch an ihren Autos hängen, habe in aller Deutlichkeit zuletzt die hitzige Reaktion der Bürger auf das neue Parkraumbewirtschaftungkonzept gezeigt. Dabei sei laut ADFC das Umsonstparken eigentlich Jahre lang durch die Steuerzahler subventioniert worden. Oberhausen solle sich daher ein Beispiel an der Stadt Wien nehmen, wo das Geld aus den Parkeinnahmen direkt in Verbesserungen die Infrastruktur zurückfließt. So hätte man auch die Bürger auf seiner Seite.