Oberhausen. Bald wird Elizabeth fünf Jahre alt. Einen Platz in einer Kita hat sie nicht, obwohl ihre Mutter seit vier Jahren sucht. Diese will nun klagen.
„Es fehlen Kitaplätze im Ruhrgebiet“: Hinter einer solchen Schlagzeile verbergen sich viele Einzelschicksale. Wie das von Nadine Langenbach, die keinen Ausweg mehr sieht und nun den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihre vierjährige Tochter einklagen will.
Elizabeth, genannt Lizzy, guckt einen mit großen braunen Augen prüfend an. Sie ist beim Gespräch ihrer Mutter mit der Redaktion dabei. Die Mutter beschreibt sie als „wissbegieriges und sehr soziales Mädchen“. Das trifft es gut: Lizzy, die im Dezember ihren fünften Geburtstag feiert, guckt neugierig auf den Block der Reporterin, „hast Du auch meinen Namen aufgeschrieben?“, streichelt zwischendurch zärtlich ihrer Schwester über den Kopf und zeigt stolz ihre kleine Tasche. „Wann gehen wir auf den Spielplatz?“
Seit vier Jahren auf der Suche
Seit vier Jahren bewirbt sich Nadine Langenbach regelmäßig in mehreren Einrichtungen im Innenstadt-Bereich um einen Kindergarten-Platz für Elizabeth, die im Sommer 2021 in die Schule kommt. „Wir erhalten aber immer nur Absagen. Jedes Jahr werden wir von den Einrichtungen auf das folgende Jahr vertröstet“, schildert die Mutter ihre Erfahrungen.
Familie mit vier Kindern
„Als ich meiner Tochter dieses Jahr wieder eröffnen musste, dass sie keinen Platz im Kindergarten erhalten würde, sagte sie: ‘Dann nehme ich mein rosa Stühlchen mit, dann habe ich auch Platz.’ Es bricht mir das Herz“, sagt die Mutter. Die Oberhausenerin (34) lebt in einer Partnerschaft und hat noch drei weitere Kinder: einen zwölfjährigen Sohn, eine zweieinhalbjährige Tochter, Nora, und das Nesthäkchen Charlotte, vier Monate alt. Nadine Langenbach wuppt Haushalt und Familie mit vier Kindern und studiert an der Fernuni Hagen Bildungswissenschaften.
Bei ihrer Forderung nach einem Kita-Platz für ihre fast fünfjährige Tochter gehe es nicht darum, dass sie berufstätig wäre und ihr deshalb selbst die Betreuung nicht möglich sei. Mal abgesehen davon, dass eine vierfache Mutter gut zu tun hat, um es mal vorsichtig auszudrücken, und es nicht einfach ist, die verschiedenen Interessen der einzelnen Kinder unter einen Hut zu bringen.
Grundrecht auf Bildung
Nadine Langenbach treibt eine andere Sorge um: „Meiner Tochter werden wichtige Lebenserfahrungen einfach vorenthalten, sie darf nicht soziale Kompetenzen und Verhaltensregeln in Großgruppen erlernen. Sie darf nicht mit Gleichaltrigen spielen, sondern muss sich hier zu Hause langweilen. Meiner Meinung nach verstößt dies sogar gegen das Grundrecht auf Bildung. Kindergärten verfolgen schließlich einen Bildungsauftrag“, formuliert die Mutter ihre Beweggründe.
Im Alter von einem bis drei Jahren seien Kinder super bei einer Tagesmutter aufgehoben, aber „wenn sie älter sind, brauchen sie die Kita, sie vereinsamen sonst“. Die Oberhausenerin ist verzweifelt, das Vorgehen der Stadt grenze an „Kindeswohlgefährdung“, findet Nadine Langenbach. „Meine Tochter sieht, wie die Gleichaltrigen in den Kindergarten kommen, nur sie darf nicht gehen.“
Nur fünf Vormerkungen
In fünf Kitas hat sie über das „Little Bird“-Portal ihren Bedarf angemeldet, mehr Vormerkungen sind nicht erlaubt. Bei den Absagen der Einrichtungen hat es nach Angaben der 34-Jährigen keine Begründungen gegeben, warum es wieder nicht geklappt hat. „Wir konnten Sie leider für dieses Jahr nicht berücksichtigen“, heiße es lapidar. Elizabeth steht nun auf Wartelisten, von der Vermittlungsstelle der Stadt Oberhausen, die in solchen Fällen Ansprechpartner ist, hat Nadine Langenbach seit Juli nichts gehört, sagt sie. Sogar das Büro des Oberbürgermeisters hat sie angeschrieben mit der Bitte um Hilfe. Von dort kam die Antwort, man werde ihr Anliegen an die zuständige Stelle weiterleiten.
Allein gelassen
„Ich fühle mich echt allein gelassen“, sagt Nadine Langenbach. Für einen Kita-Platz würde sie sogar quer durch die Stadt fahren, auch wenn das logistisch schwierig wäre und Elizabeth dann keine Freundschaften in ihrem direkten Wohnumfeld schließen könnte. Die Mutter will Bildung und soziale Kontakte für ihr Kind und fragt sich, warum das nicht möglich sein soll. „Warum legt es die Stadt auf den Rechtsweg an? Denn dass ich klagen werde, steht nun außer Frage.“