Oberhausen. Bryan Adams gibt sich in der Arena Oberhausen als Rock-Demokrat. Kurz vor Schluss schreiben einfach die 9000 Fans die Konzert-Dramaturgie weiter.
Das Konzert beginnt mit einem Witz. Dieser trägt mittelschwere Last und lässt sich bei Bedarf einfach zusammenklappen. Nein, diese vielen aufgereihten Stühle benötigen sie am Dienstagabend im Innenraum der Oberhausener König-Pilsener-Arena nun wirklich nicht. 9000 Fans huldigen der kanadischen Rock-Röhre Bryan Adams aus nächster Nähe - und seinen Hit „Run to you“ kann man bei der gut zweistündigen Rock-Reise wörtlich nehmen.
Fans von Bryan Adams feiern Familienparty
Kaum holt der 59-Jährige die Gitarre heraus, schon umrunden sie emsig die Bühnenkante. Sitzplatzbindung aufgehoben! „Ich möchte etwas von diesem typischen Oberhausen-Spirit fühlen“, sagt der Sänger und sein Zeigefinger deutet auf das klatschende Meer aus Fans. Dort stehen Väter mit Töchtern - Mütter mit Söhnen. Die „Shine a Light“-Tour zelebrieren Künstler und Publikum wie eine Familienfeier mit einem in 40 Jahren gereiften Klangsammelsurium.
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Einen Gang zurück schaltet er sowieso nicht. Bryan Adams startet energisch, wirkt gerahmt von vier Solo-Musikern um den furiosen Gitarristen Keith Scott noch immer hungrig auf Applaus. „Here I am“ - hier bin ich! Seine Ballade aus dem animierten Kinofilm „Spirit – der wilde Mustang“ weist den Weg für einen wilden Ritt durch immerhin 14 veröffentlichte Alben. Das wird zum Problem, aber zu einem wohligen. „Es ist echt hart für mich, aus so vielen Alben die Songs für ein Konzert auszuwählen“, murmelt der Sänger und blickt fast beschämt auf den Hallenboden. Kurzerhand dreht er den Spieß um. „Ihr sagt an - und ich spiele!“
Bryan Adams wechselt in den Schmeichel-Modus
Bryan Adams, der Sohn eines britischen Diplomaten, gibt sich als Rock-Demokrat. Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft, denkt sich mancher in den vorderen Reihen. Die Anfragen gehen wild durcheinander. Dann „Everything I do, I do it for you“ - es passt zu gut, um wahr zu sein. Den Schmeichel-Modus fährt der Kanadier nun nicht mehr herunter. „Tanzt, wozu ihr Lust habt – Twist oder Schlager“, sagt er vielsagend. Die Kamera fängt die scheinbar unbemerkten Bewegungen der Konzertbesucher ein und überträgt sie auf die Großleinwand. Schmunzelalarm!
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Mit den großen Hits mag er nicht geizen: „Please forgive me“, „All for one“, „The only thing that looks good on me is you“ und „Straight from the heart“. Die Songzeilen zum rockenden und rollenden „Summer of 69“ lässt er Menschen in Videoeinspielern über die Körper huschen. Auf das Visuelle achtet der Sänger (und übrigens auch Teilzeit-Fotograf) peinlichst genau. Die Leinwand in der Oberhausener Arena wirkt wie ein Wechselrahmen für kunstvolle Collagen.
Bryan Adams schenkt „Whiskey in the Jar“ aus
Und Schluss ist erst, wenn die Mundharmonika spielt. Seine Band hat Bryan Adams schon in die Garderobe entlassen, da setzt er noch einen oben drauf. Beim irischen Volkslied „Whiskey in the Jar“ lässt er die Fans lautstark mitsingen – nicht wenige werden auf eine stimmige Konzertreise hinterher anstoßen.