Oberhausen. 81-jähriger Oberhausener leidet an einer Darmkrankheit. In der City muss er plötzlich auf die Toilette – doch der Gang zum Klo wird ihm verwehrt.
Es sollte ein gemütlicher Gang über die Marktstraße werden: Erich Lingk hat sich gerade ein Eis gekauft und läuft essend über die Marktstraße. Dann merkt der 81-Jährige, der an einer Darmerkrankung leidet, dass er nötig zur Toilette muss. Die nächste Möglichkeit: eine weitere Eisdiele, in die er sofort hineinstürzt.
Das Problem: Die Bedienung in der Eisdiele erlaubt ihm nicht, die Toilette zu benutzen. „Vermutlich, weil ich den Becher der anderen Eisdiele noch in der Hand hatte“, meint der Oberhausener. Resultat: Der 81-Jährige schafft es nicht rechtzeitig zur nächsten Toilette, muss mit dem Taxi schnell nach Hause fahren, um sich zu waschen und umzuziehen.
Immer wieder beschweren sich Oberhausener Bürger über den aus ihrer Sicht großen Mangel an öffentlichen Toiletten in der Stadt. Doch Projekte wie „Die nette Toilette“ scheiterten, bei dem Gastronomen ihre Toiletten auch für Nicht-Kunden zugänglich machen – gegen einen kleinen Zuschuss aus der Stadtkasse. Immer wieder diskutiert auch die Politik über die missliche Lage in der Innenstadt – bislang ohne Erfolg.
Sind Betriebe verpflichtet?
Erich Lingk fragt sich: Welche Rechte habe ich in so einem Fall überhaupt? Sind gastronomische Betriebe nicht verpflichtet zu helfen? Der 81-Jährige hatte sogar angeboten, für die Nutzung der Toilette zu bezahlen. Doch auch darauf wollte man sich laut seiner Aussage in dem Café nicht einlassen.
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Die städtischen Experten für Recht und Ordnung klären auf: „Gastronomische Betriebe sind nicht verpflichtet, ihre Sanitäranlagen über ihren Kundenkreis hinaus der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.“ Es gebe zudem keine rechtliche Möglichkeit, die Betriebe dazu zu verpflichten. Erfahrungsgemäß ließen die meisten Betriebe einen Gang zur Toilette auch für Nicht-Kunden zu – manchmal gegen Gebühr.
Gerichte schmettern Klage ab
Auch eine Stadt sei nicht verpflichtet, öffentliche Toiletten für ihre Bürger zu betreiben. So sehen es auch die Gerichte: Ende 2017 scheiterte ein Mann mit einer Klage gegen die Stadt Essen. Der Kläger leidet an krankhaftem Harndrang und wollte die Stadt verpflichten, kostenfreie Toiletten auf öffentlichen Plätzen einzurichten.
Doch weder das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen noch das Oberverwaltungsgericht in Münster sahen eine Rechtsvorschrift, auf deren Grundlage der Kläger seine Forderung untermauern könne. Ein derartiger Anspruch liege auch nicht auf Grundlage der Grundrechte, insbesondere der Menschenwürde, vor: Der Mann habe andere Möglichkeiten, seinen gesundheitlichen Problemen zu begegnen, um sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten.
Toilette im Bert-Brecht-Haus
Die Stadt Oberhausen verweist indes auf die öffentliche und barrierefreie Toilette im Bert-Brecht-Haus, rund 300 Meter von der Marktstraße entfernt. Diese sei durch „weitreichende Öffnungszeiten zugänglich und deckt damit einigen Bedarf ab“, heißt es in der Antwort der Stadt.
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Die Einführung der „netten Toilette“ ist in Oberhausen zuletzt 2016 gescheitert. Geschäfte und Cafés hatten in einer Umfrage mehrheitlich angegeben, dafür keinen Bedarf zu sehen. „Das Thema ist nicht beliebt, weil die Toilettenbenutzung generell einen hohen Reinigungsaufwand erzeugt“, heißt es als Erklärung aus dem Rathaus.
Kaum Teilnehmer für Projekt in Sterkrade
Ende Juni hat die Oberhausener SPD angekündigt, einen neuen Anlauf für die Einführung der „netten Toilette“ nehmen zu wollen. Besonders ältere Bürger sind aus Sicht der Sozialdemokraten mit der Situation sehr unzufrieden. Immer wieder kämen Beschwerden. Auch über fehlende WCs an anderen öffentlichen Orten wie Friedhöfe wird geklagt. Eine Anfrage an die Stadt zu Zahl und Lage der öffentlichen Toiletten in Oberhausen läuft.
In Sterkrade ist ein ähnliches, flächendeckendes Projekt ebenfalls an den Gastronomen gescheitert. An dem Projekt der Stadt beteiligen sich nur wenige: Sie stellen ihre Toiletten zur Verfügung und erhalten im Gegenzug monatlich 100 Euro von der Stadt für die zusätzlichen Reinigungskosten. Einen Plan, diesen Zuschuss zu erhöhen, um weitere Teilnehmer gewinnen zu können, gibt es derzeit nicht.