Oberhausen. Die Ausstellung „Hollywood Icons“ in der Ludwiggalerie erzählt auch die Historie des Studio-Systems. Es bestimmte das Schicksal der Schauspieler.
Mit ihren Fotoausstellungen gibt sich die Ludwiggalerie ganz gern glamourös. Das galt für die Modefotografie von Regina Relang ebenso wie für die Star-Porträts von Sam Shaw, der allerdings – zumal bei seinen Aufnahmen von Marilyn Monroe – gerne auf natürlichen Charme setzte. Die „Hollywood Icons“ der aktuellen Schau sind dagegen noch ganz alte Glamour-Schule. Zugleich ist diese Porträt-Galerie eine Erzählung jener goldenen Hollywood-Jahrzehnte von den späten 1920ern bis frühen 1960ern, in denen acht Studios aus Los Angeles den Weltmarkt der Filmindustrie beherrschten.
Das Studio als autarke Welt
Im hinreißend ausgestatteten Katalogbuch des Leihgebers, der John Kobal Foundation, umreißt Robert Dance auf nur 18 Seiten kompakt und pointiert das System der „Star Factory“. Er beschreibt die Studios als „kleine, autarke Welten“, in denen vom Maskenbildner bis zum Pferdetrainer für alles gesorgt ist. Um 1930 bildete sich eine Arbeitsteilung unter den bis heute bekannten Studios: Paramount und MGM verkauften Glamour – der ausgerechnet im Jahrzehnt der Weltwirtschaftskrise rauschhaft pompös ausfiel. Warner Brothers setzte dagegen auf schmutzigen Realismus, sogar auf Sozialkritik – kommerziell ausbalanciert mit Musicals. Und Universal galt als Horror-Spezialist.
Der Status der Stars war bei allen Studios ähnlich: „Ein Stern glänzte“, schreibt Robert Dance, „bis sich das Investment des Studios bezahlt gemacht hatte“. Sieben-Jahres-Verträge galten als Standard, um aus Newcomern große Namen zu machen. Ob dann eine Verlängerung anstand, entschieden allein die Studiobosse.
Stundenlange Porträt-Sitzungen bei den Studio-Fotografen waren die erste Hürde, die Hollywood-Neulinge zu nehmen hatten. Nur wer sich auf diesen Fotos als verführerische Schönheit oder markante Persönlichkeit präsentieren konnte, wurde vorgelassen zum „Heiligen Gral“ des Studio-Systems: So nennt Dance die filmischen Probe-Aufnahmen.
Die Chemie musste also stimmen zwischen den Studio-Fotografen und den Stars in spe: Mit seinen Aufnahmen von Joan Crawford definierte George Hurrell während dreier Jahrzehnte die Essenz des Hollywood Glamour: Große Posen, dramatische Blicke und tiefe Schwarz-Weiß-Kontraste machten aus diesen Aufnahmen viel mehr als Publicity. Sie schufen den Look einer Ära.
Cary Grant „knackte“ das System
Ähnlich prägte Ruth Harriet Louise als einzige Fotografin des frühen Hollywood-Booms die Aura von Greta Garbo: Wie in filmischen Nahaufnahmen konzentrierte sie sich ganz auf das Gesicht der „Göttin“, während ihre Kollegen sich noch um altmeisterliche Faltenwürfe für rauschende Roben sorgten.
Auch für Männer galt das Glamour-Treatment. Cary Grant, der mit Marlene Dietrich in „Blonde Venus“ debütierte, kam aus der harten englischen Schule der Vaudeville-Theater. Auf der Leinwand war er stets perfekt frisiert und während der 1930er eigentlich nur im Abendanzug zu sehen. Der britische Komödiant, geboren als Archibald Leach, war zugleich einer der Ersten, die das strenge Studio-System „knackten“: Cary Grant arbeitete ohne Vertragsknebel in stetem Wechsel sowohl für Columbia als auch für RKO.
Liz Taylor markiert für Robert Dance den um 1960 immer deutlicheren Wechsel von „Stars“ zu „Celebrities“: Für ihre Verträge beauftragte die Schauspieler-Elite nun spezialisierte Agenten – die Allmacht der Studios war gebrochen. Audrey Hepburn vollendet in der Austellung die Ära der „Hollywood Icons“: Eine Stilikone bis heute, ob in den überkandidelten Kostümen und Hüten von Cecil Beaton für „My Fair Lady“ – oder im Ringel-T-Shirt.
Glamour mit Swing und großem Orchester
Eine charmante Idee setzt sich durch: Wie schon für die „British Pop Art“ hat die Ludwiggalerie auch die Ausstellung „Hollywood Icons“ mit einem Sound-Walk ausgestattet.
Schließlich setzte Hollywood seit 1927 ganz auf den neuen Tonfilm – vom widerständigen Charlie Chaplin mal abgesehen. Doch sein „The Circus“ lieferte (dank der nachträglichen Vertonung von 1969) den Auftakt-Song für 21 Lieder und Orchester-Melodien aus der Glanzzeit der „Star Factory“. Manches davon – von „Somewhere over the Rainbow“ bis zu „Don’t put the Blame on me“ – zählt bei Jazzern bis heute zu den Standards des American Songbook. Aber hier hört man die Originale, gesungen von Judy Garland und Rita Hayworth, und kann dazu die Stars in Großaufnahme bewundern.
Die Tonspur mag mehr Patina angesetzt haben als die Hochglanz-Fotografie, doch das mindert den nostalgischen Charme kein bisschen, kurbelt vielmehr tüchtig das Kopfkino an – zumal bei den großen Filmthemen für „Vom Winde verweht“ oder „Citizen Kane“.
Ob Gene Kelly oder Grace Kelly: Manche Schauspiel-Stars hatten auch als Sängerinnen und Sänger den gewissen Glamour. Und Audrey Hepburn lieferte mit ihrer Darbietung von „Moon River“ 1961 sogar einen Pop-Evergreen – kurz bevor die Beatles kamen und alles aufmischten