Oberhausen. . Menschen warten derzeit in Oberhausen besonders lang auf ihre Einbürgerung. Dahinter steckt ein Phänomen, dass Experten nicht erklären können.
Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen möchten, brauchen in Oberhausen derzeit besonders viel Geduld. Ein Verfahren zur Einbürgerung dauert in der Regel sechs bis acht Monate. „Eine nicht tolerable Zeit“, sagt Horst Ohletz, zuständiger Leiter des Bereiches Bürgerservice und Öffentliche Ordnung. Betroffene berichten von noch längeren Wartezeiten.
„Seit anderthalb Jahren wartet meine Angestellte nun schon auf ihre Einbürgerung“, machte Muhammet Erdogan in der jüngsten Sitzung des Integrationsrates seinem Ärger Luft. „Sie wurde in Deutschland geboren und lebt seit 35 Jahren hier.“ Das Gremium hatte Horst Ohletz zu seiner Sitzung eingeladen, um sich über den aktuellen Stand zu informieren.
Ablehnungsbescheid kostet Geld
Grund für die langen Wartezeiten ist laut Ohletz der rasante Anstieg an Beratungsgesprächen: 950 hat es im Jahr 2017 gegeben, 2018 werden es wohl rund 1600. Problem: Ein Großteil hat überhaupt keinen Anspruch auf eine Einbürgerung. Weil sie beispielsweise erst seit einem statt der geforderten acht Jahre in Deutschland leben oder lediglich hier geduldet sind. Obwohl seine Mitarbeiter dies am Telefon bei der Terminvergabe deutlich sagten, bestünden die Menschen auf eine persönliche Vorsprache. „Dazu hat jeder ein Recht, also vergeben wir selbstverständlich auch Termine.“ Die Fälle häufen sich, eine Erklärung hat Ohletz für dieses Phänomen nicht; eventuell würden die Menschen an anderer Stelle falsch beraten.
Erste Maßnahmen hat die Stadt bereits getroffen: Der Bereich soll um eine halbe Stelle aufgestockt werden. Und die Mitarbeiter werden bei der telefonischen Beratung noch deutlicher als bislang auf die Voraussetzungen einer Einbürgerung hinweisen. Ratsuchende müssen zudem für einen Ablehnungsbescheid mittlerweile eine Gebühr von 150 Euro zahlen. „Nicht zur Abschreckung“, erklärte Ohletz auf Nachfrage von Andrea-Cora Walther im Integrationsrat. Früher sei der Anteil an Ablehnungen gering gewesen, Bescheide wurden kostenfrei ausgestellt. „Aber die Fallzahlen steigen, die Beratungen binden Personal, der Verwaltungsaufwand wächst.“
Die Stadt müsse Strategien entwickeln, um präventiv dafür zu sorgen, dass Menschen ohne Anspruch auf eine Einbürgerung die Termine gar nicht erst in Anspruch nehmen, sagte Saadettin Tüzün (CDU). Sein Kollege Bülent Sahin (SPD) schlug Flyer vor, mit deutlichen Hinweisen, wer ein Recht auf Einbürgerung hat – und wer nicht. Multiplikatoren, etwa in der Flüchtlingshilfe, sollen diese verteilen. Ercan Telli (SPD) lobte das generelle Engagement der Stadt, aktiv für Einbürgerungen zu werben. Deshalb müsse man jetzt dafür sorgen, dass sich die Wartezeiten verkürzen.
Zahl der Einbürgerungen bleibt stabil
Probleme mit langen Wartezeiten bei der Einbürgerung gab es bereits Anfang des vergangenen Jahres. Grund damals: personelle Engpässe.
Auf die Zahl der Einbürgerungen haben die neuerlichen Probleme bislang keine Auswirkung: Knapp 250 Einbürgerungen erwartet die Stadt für 2018, ebenso viele wie 2017.