Oberhausen. . Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) will die Sex-Amüsiermeile aus dem Zentrum von Oberhausen verlagern. Doch die Bordellbetreiber wehren sich.
In der Diskussion um die Verlagerung des Rotlichtviertels aus der Oberhausener Innenstadt zeigen sich die Eigentümer und Pächter der 16 Bordellhäuser zwar bereit, mit der Stadt zu verhandeln, doch sie sind davon überzeugt, dass das ganze Thema „eine Luftnummer“ ist. Aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen halten sie eine Verlagerung des seit mehr als 60 Jahren existierenden Rotlichtviertels in Oberhausen für vollkommen unrealistisch.
Sechs Hausbesitzer und -betreiber, die zum Schutz ihrer Familien öffentlich anonym bleiben wollen, verdeutlichten ihre Position bei einer Gesprächsrunde in der WAZ-Lokalredaktion. Sie wiesen den Vorwurf strikt zurück, das City-Viertel rund um die Flaßhofstraße sei wegen der Sexarbeiterinnen in den vergangenen Jahren so sehr abgerutscht.
Versprechen im Wahlkampf
Im Wahlkampf vor drei Jahren hatte Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) angekündigt, das Rotlichtviertel „Flaßhofstraße“ mit etwa 80 regelmäßig dort arbeitenden Prostituierten aus der Innenstadt an den Stadtrand zu verlagern. Die Begründung: Das Milieu habe einen schlechten Einfluss auf das Oberhausener Zentrum.
Bis auf ein paar Gespräche im Hintergrund ist aber bisher offenbar wenig passiert. Die Bordellbetreiber werfen der Stadt bei diesem Thema nun dilettantisches Vorgehen vor. Die Stadt sei ihnen bislang Antworten auf entscheidende Fragen schuldig geblieben. „Wohin sollen wir ziehen? Wie soll es am neuen Ort aussehen? Wer soll das Ganze eigentlich mit welchen Beträgen bezahlen?“, listete ein Hausbesitzer auf. Die Gesprächspartner hätten nur mit den Achseln gezuckt.
Nach Auffassung der Betreiber des Rotlichtviertels müsste ihnen auf jeden Fall eine hohe Entschädigung gezahlt werden – da komme schnell eine zweistellige Millionensumme zusammen. Aber die Rechtslage, die Eigentumsverhältnisse und die Pachtverträge seien hoch kompliziert. „Allein dies zu entschlüsseln, würde ewig dauern. Wenn man in die Details geht, sieht man, wie unrealistisch dieser Plan ist“, sagt ein Pächter der Häuser.
„Wie die Reeperbahn eine bekannte Marke“
Ein Eigentümer hält eine Entschädigung in Millionenhöhe aus dem Stadtsäckel politisch für unvermittelbar. „Statt davon Schulen oder Kitas zu renovieren, würden wir Rotlichtviertel-Besitzer Steuergeld erhalten – das kann man doch niemandem erzählen.“
Nach Auffassung der Rotlicht-Unternehmer würde eine Verlagerung der Bordelle für sie ein großes wirtschaftliches Risiko bedeuten. „Die Flaßhofstraße ist wie die Stahlstraße in Essen oder die Reeperbahn in Hamburg über mehrere Generationen eine bekannte Marke. Einen anderen Standort müssten wir erst teuer bewerben.“
Zudem habe man jetzt über Jahrzehnte aufgebaute Besitzstands- und Betreiberrechte, die an einem neuen Standort hinfällig wären. „Was ist, wenn ein anderer Oberbürgermeister unser neues Gelände plötzlich als Gewerbestandort sehr spannend findet? Sollen wir dann wieder umziehen?“
Alle Bordellbesitzer wiesen darauf hin, dass die zentrale Lage in der Innenstadt ein erheblicher Vorteil sei: Tagsüber kämen Senioren mit Bus oder Bahn. Oder Handwerker in der Mittagspause. Abends seien es die Kegelclubs oder einfach Männer, die feiern waren. „Wir zahlen kräftig Steuern, geben – abgesehen von den Frauen – 70 Festangestellten Arbeitsplätze und gehören mit dem ältesten Gewerbe der Welt zur Kultur dieser Stadt. Man sollte stolz auf uns sein, statt uns weghaben zu wollen.“
Stadt: Rotlichtviertel muss weichen
Im Rathaus zeigt man sich von der Kritik der Bordellbetreiber wenig überrascht – und hält hartnäckig an dem Ziel fest, mittelfristig nach Klärung sämtlicher finanzieller und rechtlicher Fragen das Rotlichtviertel aus der Innenstadt zu verlegen. „Das Ziel ist realistisch und erreichbar. Wir haben dabei auch nicht mit dem Applaus der Bordellbetreiber gerechnet“, heißt es. Die Verlagerung des Sex-Milieus aus der City sei zentral für die Gesundung der Innenstadt. „Man darf jetzt nicht die Tatsachen verdrehen: Nicht die Bewohner der Innenstadt ziehen das Quartier herunter, sondern der Ursprung der Misere liegt ganz eindeutig im Bordellbetrieb und seinem Milieu im Umfeld. Wir nehmen jedenfalls die großen Sorgen und massiven Ängste der Anwohner sehr ernst.“
Die Stadtverwaltung kündigte an, dass man vor echten Verhandlungen mit den Bordellbetreibern genau aufpassen werde, dass die zahlreichen Auflagen des neuen Prostituiertenschutzgesetzes auch eingehalten werden.
Die Eigentümer halten jedenfalls die Analyse für falsch: „Wir sind nicht für die Verelendung der Innenstadt verantwortlich. Wir halten unsere Straße sauber.“ Rund um die Flaßhofstraße gebe es aber viele Hausbesitzer, die ihre Immobilien vergammeln ließen. Dann zögen oft nur noch Leute ein, die sich nicht zu benehmen wissen: „Schickt Polizei und Ordnungsamt raus, um für Ordnung zu sorgen.“ Denn die Verelendung des Viertels schade ihnen: „Kein Kunde mag Schmutz und Gestank.“