Oberhausen. Das Einfamilienhaus-Neubaugebiet Am Schacht IV droht zum Fiasko zu werden. Mehrere Familien warten seit Monaten vergeblich auf ihren Einzug.

  • Auf dem ehemaligen Zechengelände in Klosterhardt entstehen auch 31 Eigenheime
  • Aber rund ein Drittel von ihnen ist noch immer nicht bezugsfertig
  • Im Vertrauen auf die genannten Einzugstermine gaben Käufer schon ihre Wohnungen auf

Die Vorfreude auf ihr neues Eigenheim ist bei Torsten Knappik, Marcus Romanos und ih­ren Familien längst dahin. Beide gehören zu den noch rund zehn Kunden der Dortmunder KLG Projektentwicklungs-GmbH, die bis heute auf den lange und mehrfach zugesagten Einzug in ihre Häuser warten. Mehrfach kündigte das Un­ternehmen auch gegenüber dieser Zeitung die Fertigstellung der Häuser an. Erfüllt wurden die Zusagen der Firma bis heute aber nicht.

Hohe Abschlagszahlungen geleistet

Für die Käufer ist das folgenschwer. Sie hätten, so sagen sie, nicht nur hohe Abschlagszahlungen geleistet (im Fall der Romanos über 200.000 Euro), ohne ihr Eigentum nutzen zu können. Seit März 2016 leben die Romanos in einer für die Übergangszeit in Schermbeck angemieteten Ferienwohnung und damit „aus dem Koffer“. Auch die Knappiks haben in Alstaden eine Übergangswohnung bezogen. Von dort fährt Melanie Knappik ihren vierjährigen Sohn täglich zum Kindergarten nach Osterfeld.

Weil aber auch Baumängel, die sie an ihren Rohbauten bereits entdeckt haben, nicht behoben würden, fürchten die Hauskäufer, dass ihr Traum von den eigenen vier Wänden in einem auch finanziellen Fiasko enden könnte.

Hoffnungsvoll war das Projekt der KLG 2014 gestartet. Sie wollte das seit Jahren brach liegende Gelände vom ehemaligen Schacht IV der Zeche Osterfeld, gleich gegenüber der St.-Antony-Hütte, zu neuem Leben erwecken. 30 Millionen Euro an Investitionen waren angekündigt. Nicht nur die 31 Eigenheime gehören dazu. Sie sollten sich in ein attraktives Ensemble aus ehemaligen Zechengebäuden einfügen.

So war vorgesehen, die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude zu sanieren. 14 schicke Loftwohnungen in der alten Waschkaue sind geplant. Der Schachtturm soll zum Ärztehaus werden. Außerdem ist ein Seniorenpflegezentrum im Bau. KLG preist das mit dem Architekturbüro des Oberhausener CDU-Landtagsabgeordneten Wilhelm Hausmann entworfene Projekt „Medidom“ bis heute auf seiner Internetseite als zukunftsfähig für die Medizinbranche an.

Nur Pflegezentrum kommt voran

Tatsächlich, so berichtet Torsten Knappik, komme das Pflegezentrum im Bau auch gut voran. Nur bei ihren Eigenheimen herrsche seit Frühjahr 2016 praktisch Stillstand.

Zwar seien zwei Drittel der Käufer bereits eingezogen, berichten die beiden Hauskäufer. Aber viele ihrer künftigen Nachbarn würden über erhebliche Baumängel und noch nicht erledigte Restarbeiten klagen. Mit dem Einzug und der weitgehenden Bezahlung der Immobilie aber hätten sie ein wichtiges Druckmittel gegen die KLG GmbH aus der Hand gegeben. Genau das wollen Torsten Knappik (39), von Beruf Controller, und Marcus Romanos (51), der Diplom-Ingenieur, nicht. Denn ihnen schwant Übles.

Kontakt scheint abgerissen

„KLG hat uns bis April 2016 monatlich 2000 Euro Kompensation für die doppelten Wohnkosten bezahlt“, berichtet Romanos. Seit Mai 2016 habe er jedoch nichts mehr bekommen. Das solle später, sagt er, mit den Zahlungen für die gewünschten Sonderleistungen verrechnet werden.

Aber der Kontakt zu KLG scheint abgerissen. „Auf Schreiben oder E-Mails wird fast nie geantwortet, telefonisch ist kaum einer der Zuständigen erreichbar. Werden Zusagen gemacht, so hat das wenig Wert“, sagt Knappik. Marcus Romanos erzählt, mittlerweile arbeite KLG be­reits mit dem dritten Generalun­ternehmer zusammen.

Nur Arbeiter aus Südosteuropa?

Seit Sommer 2016 beobachtet Torsten Knappik überwiegend Arbeiter aus Südosteuropa auf der Baustelle. „Der Bau entgleitet KLG offenbar immer mehr“, sagt er. So sei seine Dachdämmung nicht luftdicht erfolgt, wie vorgeschrieben. Das habe ein Test ergeben. „Es wurde wieder rückgebaut.“ Sonst hätte später Schimmelbildung gedroht. Die beiden KLG-Kunden kommen mittlerweile ohne Gutachter oder Rechtsanwalt nicht mehr aus. So hatten sie sich den Kauf eines nagelneuen Hauses nicht vorgestellt. „Bei zügiger Bauweise würde es vielleicht noch zwei Monate dauern“, schätzt Torsten Knappik. Bei ihm fehlen die Bäder, die Heizung, der Dachausbau und die Böden.

Bei Romanos fiel aber auch der zweite Luftdichtigkeits-Test im Dachgeschoss negativ aus. Außerdem klagt er über feuchte Keller in seinem Neubau.

Die Stellungnahme der Projektentwickler

Die Dortmunder KLG Projektentwicklungs-GmbH geht in einer von der Redaktion erbetenen Stellungnahme auf die Gründe für die erheblichen Bauverzögerungen nicht ein. Die Dortmunder betonen vielmehr: „Keinem Erwerber ist bis dato durch die Übernahme aller Verzugsschäden durch die KLG ein wirtschaftlicher Schaden entstanden.“

Großteil der Häuser übergeben

Der Großteil der Häuser sei bereits übergeben. Mit den verbleibenden Erwerbern stehe man in regelmäßigen Abstimmungen, etwa bezüglich ihrer Ausbauwünsche. Auch sei die örtliche Bauleitung täglich während der Geschäftszeiten auf der Baustelle ansprechbar; aus Rücksicht auf die Erwerber fänden häufig persönliche Gespräche auch außerhalb dieser Zeiten statt. „Insofern kann von einer Nicht-Erreichbarkeit bzw. einer Nicht-Kommunikation keine Rede sein.“ Allerdings könne man nicht jeder Mail oder jedem Anruf sofort folgen.

Auch könne pauschal von erheblichen Mängeln an den Rohbauten keine Rede sein. Das entbehre jeder Grundlage. Wo Mängel behauptet würden, würden dem die Bauleitung sowie von KLG beauftragte Gutachter nachgehen. Würden sie sich be­stätigen, so würden sie abgestellt. Bis dato seien die Probleme trotz der Vielzahl der Häuser zur Zufriedenheit beider Seiten gelöst worden.

Bauzeitverzögerung wegen Mängelmeldungen

Die KLG gibt an, dass bei der Bearbeitung aller Mängelmeldungen, ob berechtigt oder nicht, natürlich Bauzeitverlängerungen resultierten. Bislang habe man sie sogar zum ei­genen Nachteil übernommen, selbst wenn sich die Mängel gar nicht bestätigt hätten. Alle nachgewiesenen Verzugsschäden würden übernommen und bei entsprechendem Zahlungsstand mit der letzten Zahlung verrechnet.

Nur deutsche Handwerksbetriebe beauftragt

KLG betont ferner, man habe ausschließlich deutsche Handwerksbetriebe beauftragt. „Alle vor Ort tätigen Handwerker verfügen über die entsprechenden Qualifikationen.“ Der Baufortschritt beim Altenheim zeuge zudem auch von der finanziellen Leistungsfähigkeit der KLG.

SPD bietet Hilfe an

In der Zwischenzeit hat sich die SPD-Ratsfraktion in den Konflikt eingeschaltet. Stadtverordnete Silke Jacobs hat in einem Schreiben an KLG die zügige Fertigstellung der Häuser angemahnt. Es müsse für die betroffenen Familien endlich ein verbindlicher Zeitplan vorgelegt werden, fordert sie. Jakobs bietet sich auch als Vermittlerin in dem Konflikt zwischen dem Unternehmen und den Kunden an.