Oberhausen. . Sechs Zeichner in der Ludwiggalerie erschüttern den dogmatischen Donaldismus. Dabei lassen die deutschen Anhänger nur ein einziges Dream-Team gelten.

Tuschel, tuschel! Soviel Kritik an dieser knallbunten, bildersatten „Entenhausen – Oberhausen“-Ausstellung muss aber sein: Kleine Kinder und eingefleischte Donaldisten werden in der Ludwiggalerie nicht wirklich glücklich. Denn hier schnattern Donald Duck nebst weißbürzeliger Verwandtschaft im amerikanischen Original. Also tönt’s im schönsten Krawall statt „Puff, Zisch, Brizzel“ lautmalerisch kaugummigedämpft nur „sob, sigh, slurp“.

Ächz! Dabei lassen die deutschen Anhänger des lauteren Donaldismus doch für die Abenteuer aus Entenhausen nur ein einziges Dream-Team gelten: Carl Barcks (1901 bis 2000) als jenen Zeichner, der Donald und seinen Mit-Enten die bis dato allzu langen Schnäbel gekürzt hatte. Und natürlich Erika Fuchs (1906 bis 2005), viel mehr als nur Übersetzerin, bereicherte sie ihre Muttersprache doch um den geschätzten fünften Fall des Erikativ („Jauchz! Jubilier!“).

253 Rahmen versammeln 448 Einzelblätter

Statt dieser nahezu geheiligten Zweifaltigkeit präsentiert die Ludwiggalerie in popbunter Vielgötterei nun sechs Zeichner aus neun Jahrzehnten des Disneyversums – darunter auch etliche schwarz-weiße Vorstudien und Model-Sheets. „Wir sind eben ein Museum“, erklärt Christine Vogt, die Direktorin, „wir lieben das Original“.

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Und diese Originale in reicher Stückzahl – 253 Rahmen versammeln 448 Einzelblätter (die vereinzelte Dagobert-Statuette und Donald-Büste sowie gleich zwei Stammbäume der Duck-Dynastie nicht mitgezählt) – sind dann doch viel spannender als jeder auf Barks/Fuchs fixierte Donaldismus.

Apropos, wieso ist hier eigentlich stets von Enten die Rede? Der Comic heißt doch seit Jahrzehnten „Micky Maus“! Dabei spielte der spitz schwarznasige Held des Disney’schen Urfilms „Steamboat Willie“ (von 1928) im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts nur noch Nebenrollen neben den charaktervollen Ducks – allen voran Donald, jener hinreißend cholerische Loser, den seine drei Pfadfinder-Neffen auch noch stets an Cleverness übertrumpfen. Tja, Walt Disney (1901 bis 1966) war eben der Mäuse-Vater. Und Al Taliaferro, der als Erstes der Ente im Matrosenanzug ein „?“ überm verdutzten Antlitz platzierte, war nur sein angestellter Zeichner.

Ein Leben mit der und für die Ente

Da war’s geradezu rührend mitzuerleben, mit welch stiller Verve Ina Brockmann, neben Peter Reichelt die Leihgeberin dieser Ausstellungspracht, eine Lanze brach für den fast vergessenen Al Taliaferro (1905 bis 1969): „Er lebte mit der Ente und für die Ente.“ Die Witwe des Zeichners hatte Ina Brockmann noch kennen gelernt – und einige Charakterzüge von Daisy Duck bei der alten Dame wiedererkannt: „Ich habe Daisys Spitzen bei ihr festgestellt.“ Das Faible für flotte Hütchen soll auch von Mrs.Taliaferro stammen.

Entenhausen ist eben fast überall – aber in so kompakter Form wohl nur im Schloss Oberhausen zu bewundern. Ina Brockmann übrigens, die spät berufene Sammlerin, zählte sich „zu jenen Kindern, denen es nicht erlaubt war, diesen Schund zu lesen“. Aus dem „Schund“ der vor 50 Jahren noch als Sprach- und Jugend-Verderberin geschmähten Erika Fuchs ist längst Kunst erwachsen – sogar in Öl. Denn im Rentenalter machten sich die Altmeister (mit gnädiger Erlaubnis des Disney-Konzerns) den Spaß, Micky, Donald und Co. barock ausgeleuchtet auf Leinwand glänzen zu lassen. Dafür kommt das Schloss-Ambiente der Ludwiggalerie gerade recht.