Oberhausen. . Jugendliche sehen Verbesserungsbedarf bei der technischen Ausstattung in Schulen. Auch eine Uni und attraktivere Parks stehen auf der Wunschliste.

  • Mehr als die Hälfte aller Befragten sehen Nachholbedarf bei Kinder- und Jugendförderung
  • Echte Barrieren wie hohe Bordsteine oder Stufen machen Senioren zu schaffen
  • Schön wäre es, wenn es in Oberhausen so etwas wie ein Seniorentheater hätte

Auch wenn 80 Prozent der Oberhausener gerne oder sehr gerne in Oberhausen leben, sehen die meisten doch deutliche Unterschiede, was die Attraktivität ihrer Heimatstadt für unterschiedliche Personengruppen anbelangt: „Um welche Personengruppen müsste man sich in Oberhausen am ehesten stärker kümmern?“ haben die Interviewer des Bürgerbarometers deshalb gefragt – und erfahren, dass mehr als die Hälfte aller Befragten in der Stadt Nachholbedarf in Sachen Kinder- und Jugendförderung sieht – in Sterkrade sogar mehr als 60 Prozent. Auch Verbesserungen für Senioren und Menschen mit Behinderung halten viele für nötig. Besonders die Befragten in Alt-Oberhausen sehen hier Handlungsbedarf: Rund 30 Prozent hatten geantwortet, dass sie sich Verbesserungen für diese Gruppe wünschen – in Sterkrade und Osterfeld wünschten sich jeweils rund 20 Prozent, dass mehr für diese Personengruppe getan werden müsste. Die Redaktion hat Vertreter der betreffenden Personengruppen einmal selbst zu Wort kommen lassen: Welche Defizite sehen Jugendliche und Senioren in der Stadt? Was fehlt ihnen?

Ob Kino, Schwimmbäder, Stadtteilbibliotheken, Sportvereine oder der Sea Life Abenteuer Park: Unzufrieden sind die vier jungen Männer vom städtischen Jugendparlament zwar nicht mit den hiesigen Freizeitmöglichkeiten und Bildungseinrichtungen für junge Erwachsene. Dennoch sehen alle Verbesserungsbedarf und wünschen sich mehr Angebote für ihre Altersgruppe.

Die Internetzugänge könnten besser sein

„Generell sind die Angebote gut, aber die Auswahl könnte größer und abwechslungsreicher sein“, meint Alexander Makrlik. Der 17-Jährige bemängelt vor allem, dass es zu wenige Sport- und Fußballplätze gibt, die öffentlich zugänglich sind: „In Sterkrade gibt es zwar einen an der Roßbachstraße, aber beispielsweise in Osterfeld fällt mir kein Bolzplatz ein – das müsste sich dringend ändern.“

Einig sind sich die Vier auch, wenn es um die Ausstattung der Schulen geht. „Hier fehlt so einiges“, sagt Pascal Jaculy. Insbesondere mehr technische Geräte, wie Computer, digitale Tafeln oder Whiteboards wünschen sich die 17-Jährigen. Auch die Internetzugänge könnten besser sein, so ihr Urteil. Zudem sollte mehr auf die Hygiene geachtet werden: „Die Sauberkeit an vielen Schulen ist ganz schlimm. Manchmal ekel mich richtig, die Toilette zu benutzen“, kritisiert Alp Tunga Dalkilic. Einen Nachteil im Vergleich zu anderen Ruhrgebietsstädten sieht Pascal in einer fehlenden Hochschule: „Überall gibt es eine solche Einrichtung, nur bei uns nicht. Dabei ist der Wohnraum hier günstig – man könnte mit einer Hochschule viele junge Leute nach Oberhausen locken.“ Ricardo Kötter bemängelt hingegen, dass es an den hiesigen Berufskollegs keine gymnasiale Oberstufe gibt: „Die Schüler können dort kein Abitur machen – da muss dringend etwas getan werden.“

Er und Max Pietsch wünschen sich zudem mehr Ausgehmöglichkeiten. „Das Nachtleben hat nicht viel zu bieten. Außer die Discothek Steffy gibt es hier nichts für unsere Altersgruppe“, kritisiert er. Als Alternative gehen die Jugendlichen essen, Cocktails trinken oder verbringen die Zeit im Centro. Pascal ergänzt: „Die Parks und Grünanlagen müssten attraktiver gestaltet werden, damit die Jugendlichen weniger im Centro rumhängen.“

Großen Handlungsbedarf sehen die jungen Männer vor allem in Sterkrade: „Die Einkaufsstraßen bestehen nur aus Bäckereien und Ramschläden. Da fehlt es eigentlich an allem für Jugendliche, um den Stadtteil für unsere Altersgruppe attraktiv zu machen.“

Und die Senioren?

Unzufrieden wirken sie eigentlich nicht, die fünf Bewohner von Haus Abendfrieden, die im Café zusammensitzen, um den Alltag, die Probleme und Unzulänglichkeiten zu beleuchten, mit denen Senioren und behinderte Menschen in Oberhausen zu tun haben: „Man soll ja auch nicht immer nur auf das gucken, was schlecht ist, oder bejammern, was man nicht mehr kann“, findet Vera Huwer und erntet dafür Zustimmung. So schlecht finden sie’s in Oberhausen nämlich nicht, so alles in allem betrachtet: „Es ist doch so: Wie man mit Alten und dem Alter umgeht, ist ein ständiger Lernprozess für eine Gesellschaft“, findet Horst Müller: „Die Senioren, die wir heute mit ihren Rollatoren im Stadtbild sehen, gab’s doch vor 50 Jahren so gar nicht. Alte blieben zu Hause.“ Damit müssten alle erst lernen, umzugehen.

Was das angeht, scheint es noch viel Luft nach oben zu geben: „Wenn man im Rollstuhl sitzt, wird man oft behandelt, als wäre man gar nicht da. Da wird allenfalls die Person angesprochen, die den Rollstuhl schiebt“, hat Vera Huwer feststellen müssen. Ausgegrenzt, nicht wahrgenommen, nicht angenommen: So fühlten sich in ihrer Mobilität eingeschränkte Ältere häufig. Aber das sei ja keine Oberhausener „Spezialität“. Zu konkreten „Oberhausener Baustellen“ fällt der Runde dann aber noch einiges ein. „Was grundsätzlich fehlt, sind abgeschrägte Bürgersteige – ob man in der City unterwegs ist oder am Bero. Meine Tochter muss dann der Rollstuhl umdrehen, um ihn über die Kante zu hieven“, erzählt Huwe. Da komme man sich dann beinah selbst vor wie ein Hindernis. „In die Hauptpost kommt man auch nicht, ohne etliche Stufen zu überwinden.“

Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Mit dem Bus zu fahren, sei auch nicht immer die reine Freude, erzählt Frieda Buse: „Manche Busfahrer achten nicht darauf, so an die Haltestelle ranzufahren, dass man mit dem Rollator halbwegs problemlos rauskommt.“ Weshalb sich Helga Wronkowitz freuen würde, wenn’s preisgünstige Rollstuhltaxis gäbe: „Damit man auch mal rauskommt, was unternehmen kann.“

Apropos unternehmen: In die Kategorie „gut gemeint, aber nicht gut gemacht“, falle vielfach auch der Umgang mit Rollstuhlfahrern in manchen Kultureinrichtungen, erzählt Vera Huwer: „Bei den Kurzfilmtagen etwa, wird man als Rollstuhlfahrer zwar direkt vor die Bühne geschoben. Da guckt man dann auf der Bühne aber nur gegen die Beine der Redner und Preisträger oder muss die ganze Zeit den Kopf in den Nacken legen – und fühlt sich irgendwie wie ein fünftes Rad am Wagen.“ Schön wäre es, wenn es in Oberhausen so etwas wie das Seniorentheater „Spätlese“ in Mülheim gäbe.