Oberhausen. . Die Busse des SB90 sind rund um die Uhr mit unterschiedlichsten Passagieren gefüllt. Eine Reportage über das muntere Treiben im grün-gelben Fahrzeug.
Die Dauerwelle sitzt, die Regenhaube ist drüber gestülpt. Na, wenn das mal gut geht. Die alte Dame und ihr Rauhaardackel Rosa warten geduldig am Ruhrpark. „Da kommt er endlich Rosa“, flüstert die Dame ihrem Hündchen zu. Der grün-gelbe Schnellbus 90 mit der Endstation Ruhrpark kommt um die Ecke der Kewerstraße in Alstaden gebogen. Mit zwei Minuten Verspätung. Rosa nimmt es gelassen, erst als das überdimensional große, ratternde Fuhrwerk vor ihr steht, fängt sie an zu zittern und kommt prompt auf den Arm. Mit der freien Hand hält die Passagierin das digitale Ticket vor den Automaten. Der schrillende Piepton signalisiert: Tickt gültig. „Schau mal da haben wir ja Glück, hier vorne ist noch Platz.“ Und im Handumdrehen sitzt die Pensionärin auf dem weichen Vlies. Und Rosa auf ihrem Schoß. Hier ist sie sicher.
Nicht so ein Glück hat die ältere Dame im karierten Trenchcoat mit Stock in der Hand, die am Alsterfeld einsteigt. Die beiden Vierer-Sitze im vorderen Teil des Busses sind mittlerweile belegt. Ganz hinten sind in den Zweierreihen Plätze frei. In den meisten von ihnen hat es sich nur eine Person bequem gemacht. Die Mehrheit: Junge Leute mit Kopfhörern, die mit gesenktem Kopf auf ihr Handy starren. „Ist da noch Platz?“, fragt die Dame forsch einen der Jugendlichen. Er reagiert nicht. Erst als sie ihn antippt, hebt er seinen Rucksack auf den Schoß, ohne die Dame anzuschauen oder die Kopfhörer abzunehmen.
Es ist 13.30 Uhr, die sechste Stunde ist aus. Eine Horde Schüler hastet zu den beiden Türen des Busses am Halt Hagelkreuz. In Strömen drängeln sie ins Innere und ergattern sich flink die letzten freien Sitzmöglichkeiten: „Isi, halt mir nen Platz frei.“ Geschafft. In einer Zweierbank lassen sich die beiden Schülerinnen ungehemmt über den Schultag aus. „Die meldet sich nie und kriegt trotzdem ne Zwei mündlich.“ Isi pflichtet ihr bei: „Das ist echt total unfair, wir müssen uns mal beschweren.“ Doch bevor sie ihrem Unmut Luft machen können, beklagt sich ein Herr mit Hut bei ihnen: „Könnte ich mich setzen?“. Augenverdrehend steht Isi auf. Unterhalten können sie sich noch über den Störenfried hinweg.
Die Gelenke quietschen
Ihr Gespräch wird aber von „Püppi“ eine Reihe hinter ihnen übertönt. Sie scheint sich nicht sonderlich wohlzufühlen. Die quietschenden Gelenke und auch die Ruckelei scheinen sich nicht gerade positiv auf ihr allgemeines Wohlbefinden auszuwirken. „Püppi, wir sind gleich da, nur noch vier Haltestellen“, versucht die besorgte Mutter das Kleinkind aufzumuntern. Vergeblich. Erst als sie ihre Geheimwaffe zückt und einen weiß-rosa Lutscher aus der Plastikverpackung befreit, stockt der Atem der Kleinen mit Seitenzöpfen und ihre Augen werden immer größer, je näher der Lolli ihrem Mund kommt.
Von dem Ganzen unbeeindruckt bleibt der Mann, der seit dem Stopp MAN-Turbo Fahrgast des Busses ist. Das um seinen Hals hängende MAN-Namensschild wippt im Takt der Busbewegung auf und ab. Die in Plastik verpackte Alupackung auf seinem Schoß versprüht einen würzigen Bratengeruch bis in die hintersten Reihen. Und er selber: ist versunken. Im vierten Band der Helden des Olymp von Percy Jackson. Eine Seite nach der nächsten verschlingt er und verpasst um ein Haar sein Ziel: Sterkrade Mitte.
Die Türen des Busses schließen sich. Es ist rot. Glück für die Leseratte und eine ältere Dame, die im Eilschritt ihren Rollator gekonnt über die Straße vor sich her schiebt. „Nehmen Sie mich noch mit?“, ruft sie mutig dem Busfahrer zu und winkt ihm wild mit einer Hand zu ohne den Blick abzuwenden. Zwar kann der Fahrzeugführer sie nicht hören, erkennt aber die Absicht. Großzügig senkt er die rechte Seite des Busses auf Bordsteinhöhe und öffnet die vordere Türe, so dass die Dame ein- und der MAN-Mitarbeiter aussteigen kann. Doch jetzt wird es eng. Der Kinderwagen von Püppi und ein Rollator füllen bereits den Platz im mittleren Bereich. Welch Glück! Püppi und ihre Mutter steigen am nächsten Halt aus.
Eine Katze kommt in den Bus
Ein ungewöhnlicher Passagier, bringt jedoch die gerade gefundene Ordnung wieder durcheinander. Eine Katze kommt in den Bus. Verstaut in einer Transportbox, die wiederum auf einer Sackkarre befestigt ist. Das Herrchen erkennt die Problematik und bleibt im Gang stehen. Die gelben Stoag-Stangen schaffen Abhilfe. „Was hat sie denn?“, fragt eine besorgte Mitreisende. „Die Leber“, so die kurze und knappe Antwort der Besitzerin. „Wird es denn wieder?“, hakt die Dame nach. „Das weiß man nicht.“ Eine Kurve. „Nächster Halt Schmachtendorf-Mitte“, ertönt die Lautsprecherdurchsage. Die Katzenliebhaberin muss raus, als es gerade anfängt zu regnen. „Dann alles Gute, ne“, ruft sie noch von draußen und zückt ihren Regenschirm. An ihr vorbei streift ein an Armen und Beinen tätowierter junger Mann, dessen Kapuzenpulli vom Regen durchnässt ist. „Guten Tag“, begrüßt er Rauchhaardackel Rosa und ihr Herrchen freundlich, tätschelt den Kopf des Hundes und setzt sich den beiden gegenüber. „Hallo“, nickt die Besitzerin ihm zu und stellt fest: „Ist das ein Wetter. Zum Glück habe ich die Regenhaube aufgesetzt, nich’ Rosa?“.
Sicher in den Bus einsteigen
Die Stoag bietet immer wieder Trainings für ältere Fahrgäste an, damit diese das Verhalten in den meist vollen Fahrzeugen üben können
Neben Schülern, Familien und Pendlern, fahren auch viele ältere Menschen in dem Bus der Linie SB90. Viele von ihnen sind auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen und müssen sich in den meist sehr vollen Bussen allein zurecht finden. Um das Verhalten im Bus vor und während der Fahrt zu üben, hat die Stoag in der Vergangenheit kostenlose Sicherheitstrainings angeboten. Hierbei wird den älteren Damen und Herren vermittelt, wie sie die Fahrt im Bus meistern können. So trainieren sie beispielsweise den Ein- und Ausstieg und bekommen Tricks erklärt.
Landesweiter Rollatortag im September
Die Pressesprecherin der Stoag Sabine Müller ist überzeugt von dem Training: „Wir hatten großen Zuspruch im vergangenen Jahr.“ Auch in diesem Jahr wird im September am landesweiten Rollatortag wieder solch ein Sicherheitstraining an der Haltestelle Sterkrade Bahnhof stattfinden. Sabine Müller gibt hilfreiche Tipps für Rollstuhlfahrer oder Rollatornutzer: „Für Fahrgäste mit Rollatoren ist der Einstieg an der zweiten Türe vorgesehen, von hier aus ist alles erreichbar.“ Schließlich biete diese Hintertür einen hindernisfreien Einstieg. Sie sei besonders breit, es gäbe Haltebügel zum Festhalten und außerdem seien die Ticketautomaten direkt erreichbar.
Auch die Sitzplätze befinden sich direkt an der Türe. An dieser Tür üben die Senioren beim Rollatortag auch den Ein- und Ausstieg. An der vorderen Türe hingegen sei ein Einstieg aufgrund der geringen Breite nicht möglich. Im hinteren Bereich des Busses gebe es hingegen genügend Platz, um die Hilfsmittel rangieren zu können. Generell seien die Gänge in den Bussen für Rollatoren aber nicht geeignet.