Oberhausen. . Zeed, Yazen, Yara, Sohir und Maher: Das sind die Salehs. Seit November leben die fünf in Oberhausen.Erst in einer Kirche, jetzt in einer eigenen Wohnung. Sobald es geht, wollen sie zurück nach Syrien.
Die Familie Saleh hat heute Besuch aus Syrien. Die ehemaligen Nachbarn aus ihrer Heimatstadt Zabadani – nordwestlich von Damaskus gelegen – haben es sich mit zwei ehrenamtlichen Unterstützerinnen im Wohnzimmer bequem gemacht. Und sie alle werden verwöhnt.
Die Mutter Sohir Saleh bereitet in der Küche Köstlichkeiten vor, die ihre 14-jährige Tochter Yara gemeinsam mit den Brüdern Yazen (11) und Zeed (9) nacheinander ins Wohnzimmer trägt. Teller mit gerösteten Mais-, Kürbis- und Sonnenblumenkernen, ein gemischter Obstkorb und jede Menge Tee- und Kaffeetassen reichen sie den Gästen.
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Das alles hätten sie sich vor einem halben Jahr nicht erträumen können, als die fünf Salehs nach einer 13-tägigen Flucht über das Mittelmeer und die Balkanroute in der Evangelischen Kirche an der Kempkenstraße ankamen und mit 71 weiteren Flüchtlingen zwischen Trennwänden wohnten. Seit Dezember leben sie nun in einer Wohnung in der Sterkrader Fußgängerzone.
Die Salehs fühlen sich wohl
„Ich habe schon viel Deutsch in der Schule gelernt“, sagt Yara stolz. Seit fünf Monaten ist sie Schülerin an der Friedrich-Ebert-Realschule. Yazen besucht das Sophie-Scholl-Gymnasium, Zeed die Grundschule Alsfeld. „Uns gefällt es sehr in Oberhausen, wir fühlen uns wohl“, übersetzt die Ehrenamtlerin Fadia Chinnawi die Worte von Sohir Saleh.
„Wir sind sehr dankbar hier sein zu dürfen, aber wünschen uns auch nach Syrien zurückkehren zu können, sobald dort Frieden herrscht“, sagt der Vater Maher Saleh, den die Ehrenamtler in der Kirche immer „den Bürgermeister“ nannten. „Er half uns, wo er konnte und vermittelte zwischen den Bewohnern“, begründet die Patin der Familie Daniela Handwerk die Namensgebung.
Die eigenen vier Wände
Jetzt haben die fünf ihre eigenen vier Wände. „Die Jungen teilen sich einen Raum, ich habe ein eigenes Zimmer“, sagt Yara stolz, zeigt auf ihr Bett, den Schrank und das Keyboard. Und sogleich präsentiert sie ein Lied aus der Klavier-Fibel. Die Chorleiterin aus der Evangelischen Kirche gibt ihr ehrenamtlich Unterricht und das Keyboard hat sie geschenkt bekommen.
Überhaupt hat die Familie großes Glück gehabt. Nicht nur, dass ihnen Oberhausener viele Möbel spendeten, auch die Unterstützung durch ihre Patin ermöglicht ihnen sich in Oberhausen zurecht zu finden. „Es fängt ja schon damit an, dass die Briefe von Ämtern nicht auf Arabisch geschrieben sind“, bemängelt Daniela Handwerk. Anfangs landeten jeden Tag neue Briefe im Postkasten.
Ohne die Ehrenamtlerin wäre vieles komplizierter für die Salehs. „Wir mussten erstmal Ordner kaufen, ich hab ihnen gezeigt, wie man Briefe adressiert, wie man Müll trennt.“ Alltägliches habe die Familie lernen müssen. Und bei vielem hilft Handwerk weiterhin: Bankangelegenheiten klären, mit den Kindern zum Arzt fahren, wichtige Briefe beantworten, für die ehemaligen Nachbarn aus Zabadani eine Wohnung suchen.
Schwierigkeiten mit dem Asylantrag
„Oft komme ich einfach auf einen Tee vorbei oder wir kochen gemeinsam. Ich habe schon gesagt, demnächst mache ich mal Currywurst Pommes“, kündigt sie an und Sohir fängt herzlich an zu lachen. Die beiden wirken vertraut. Und Sohir versteht schon viel. Die Patin probiert sich gleichzeitig im Arabischen. „’Kulle kulle’ sagen wir so oft“ – und schon wieder lachen die beiden. „Das heißt so viel wie ‘alle’“, erklärt Handwerk. Die Familie ist in vielerlei Hinsicht auch schon selbstständig geworden. Die Kinder fahren jeden Morgen mit dem Bus in die Schule, der Vater zu einer Maßnahme vom Arbeitsamt und die Mutter zum Volkshochschul-Deutschkurs am Hauptbahnhof. Der Bus ist für sie ein Segen.
Es gibt aber auch viele Dinge, die nicht glatt laufen. So müssen die Salehs beispielsweise noch den Asylantrag stellen, um eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Bislang hat das zuständige Bundesamt den Duldungsstatus nur erneuert. Außerdem möchte Maher langfristig einen Job finden.
In der Heimat hat er als Fliesenleger, Imbissbesitzer und Künstler gearbeitet, gerne würde er in einem der Bereiche in Deutschland Arbeit finden. Und die Jungs: Die möchten unbedingt im Verein Sport machen. „Schwimmen wäre toll“, sagt Yazen. „Das gehen wir als nächstes an“, ermutigt Handwerk den Schüler. Yara kann sie so einfach nicht trösten: „Ich vermisse Oma“, sagt sie traurig. Trotzdem versucht Handwerk die Familie aufzubauen. „Ich sage immer, hier in Sterkrade war auch so viel zerstört, es kommen bessere Zeiten.“ Aber sie ist sich bewusst, was die Familie durchgemacht hat. „Ihre Eltern sind in der Heimat verhungert, weil keiner rein und raus kam. Ihr Haus ist zerstört, die Tochter des Nachbarn ist auf der Straße erschossen worden. Es sind schlimme Schicksale.“