Oberhausen. Mitglieder des Jugendparlaments und zwei Frauen aus dem Libanon stellten das Programm zusammen und führten es vor.
Mehr noch als die Türkei ist der Libanon und seine Hauptstadt Beirut vom Drama des syrischen Bürgerkriegs betroffen. Das Nachbarland Syriens und Israels war selbst jahrzehntelang vom Bürgerkrieg heimgesucht. Heute sind ein Drittel seiner knapp sechs Millionen Einwohner Flüchtlinge: Kurden, Iraker und Syrer. Was das Flüchtlingselend in dem verarmten Land für Jugendliche bedeutet, machte am Sonntag die Vorführung der Kurzfilmreihe „Seeing the Self“ (Das Selbst sehen) im Rahmen der Kurzfilmwoche in der Lichtburg deutlich. Dazu waren die Filmemacherin Cynthia Choucair (40) und ihre Schwester, die Therapeutin Sabine Choucair (34), nach Oberhausen gekommen.
Caterina Di Venti, Maren Piunno und Max Pietsch vom Oberhausener Jugendparlament haben zusammen mit ihnen 18 Kurzfilme gesichtet. Elf davon wurden am Sonntag interessierten Jugendlichen gezeigt. Cynthia und Sabine Choucair haben sie mit jungen Flüchtlingen gedreht – auch um damit deren teils schrecklichen Erlebnisse aufzuarbeiten.
Sie leben mit und ohne Angehörige in Baracken, durch die das Regenwasser dringt, oder auf der Straße. Ihr Trinkwasser ist schmutzig. Sie haben nichts zu tun. Es gibt keine Arbeit für sie. Die Kluft zwischen Arm und Reich in Beirut ist riesig. Aber vor der Kamera erzählen oder spielen sie ihre Geschichte.
"Ich ziehe als Clown durchs Leben"
Layal (16) geht nicht zur Schule. Da würden sie und ihre Schwester nur geschlagen, berichtet sie. Dann ertrage sie lieber die Schreie des verzweifelten und frustrierten Vaters. „Ich bin nicht gern zuhause, das drückt auf die Stimmung“, sagt das Mädchen. Ali, ein junger Mann, ist hoffnungslos, schwelgt einerseits in Erinnerungen an seine Heimat, seinen verstorbenen Bruder und trauert zugleich der verpassten Chance nach, ein Studium aufnehmen zu können. Stattdessen schlägt er die Zeit mit Trickspielen und Herumhängen tot. „Niemand kann im Ausland glücklich werden“, meint auch der 15-jährige Mohammed, der berichtet, wie ältere Jugendliche ihn unter Druck setzen würden. Ein Mädchen erzählt, wie ihre Mutter beim Wäscheaufhängen im Kugelhagel tot zusammenbrach.
Zwei Monate lang haben die beiden Schwestern mit 40 Teilnehmern 19 Kurzfilme gedreht. Nur wenn sie diese später ausdrücklich freigegeben haben, werden sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Wie man sich unter solchen Umständen eine positive Einstellung zum Leben bewahrt, wollten die Jugendlichen nach der Filmvorführung von Sabine Choucair wissen. „Ich ziehe als Clown durchs Leben“, antwortete sie. Fröhlichkeit kann ganz schön anstrengend sein.
Ali, der frustrierte junge Mann im Beiruter Flüchtlingslager, ist inzwischen in Holland angekommen, berichtete Sabine Choucair am Sonntag. Dort nehme er an vielen Film-Workshops teil.
Wer sich die elf Kurzfilme anschauen möchte, muss eine E-Mail an Cathrin Ernst senden, dann gibt es mit einem Password den Zugang dazu: kiju@kurzfilmtage.de