Oberhausen. Clemens Heinrichs forschte für „Marlene Dietrich“ im Nachlass der Diva. Die größte Berlinerin – umworben von der NS-Propaganda – zeigte Haltung.

1993 erwarb Berlin den kompletten Nachlass seiner berühmtesten Tochter: 20 Jahre später startete Clemens Heinrichs als Leiter der Gedenkhalle seine Recherchen im Archiv der Marlene Dietrich Collections, angegliedert an die Deutsche Kinemathek. Buch und Ausstellung krönen eine über zweijährige Forschungsarbeit.

Am Samstag um 18 Uhr eröffnet nun die kompakte Schau mit dem langen Titel „Marlene Dietrich. Die Diva. Ihre Haltung. Und die Nazis“ im Beisein von Beate Klarsfeld. Die heute 77-jährige Aufklärerin deutscher NS-Vergangenheit bestätigt den Mythos um die bodenständig Unnahbare: Denn einerseits standen Beate und Serge Klarsfeld in häufigem Kontakt mit ihrer Fast-Nachbarin in Paris – doch gesehen haben sie die Diva in ihrem Hort von 3000 Kostümen und 300.000 Schriftstücken nie. Es blieb stets eine telefonische und briefliche Korrespondenz.

Es ist klar, dass die kleine Gedenkhalle in ihrem Flügel des Schlosses Oberhausen nur einen Bruchteil dieses Fundus erschließen konnte. Dennoch betont Clemens Heinrichs: „Unser Thema war bisher unterbelichtet.“ Dabei war Deutschlands erste und bis heute größte Hollywood-„Göttin“ (nichts anderes heißt ja Diva) zeitlebens berühmt für ihre Haltung.

Noch bis 1939 vom Propagandaministerium umworben

Seit dem Aufbau der nun dritten Dauerausstellung 2010 ist „Marlene“ die erste Wechselausstellung in der Gedenkhalle. „Man kann nicht darauf verzichten“, sagte Kulturdezernent Apostolos Tsalastras gestern. „Es wird diesen Ort attraktiver machen.“

Mit Jürgen Schnug als Gestalter schufen Clemens Heinrichs und Sophie Koch als Co-Kuratorin einen schmalen „Rundgang“ um das so kompakte wie unverrückbare Mobiliar der Dauer-Ausstellung – und können dennoch den Blick bannen. Dafür sorgen schon die glamourösen Foto-Reproduktionen aus dem Bilder-Nachlass des Pariser Appartements.

Texte, Bilder, Filmausschnitte und einige wenige Originale – wie die 1947 verliehene „Medal of Freedom“ des US-Congresses – fügen sich zum Porträt einer Frau, die im Stillen und öffentlich gegen das NS-Regime wirkte, von dessen Propagandaministerium sie noch bis 1939 umworben wurde.

Dokumentarfilm lag ihr am Herzen

Stattdessen zahlte die Dietrich in Hilfsfonds für bedürftige Emigranten, war die erfolgreichste Werberin für Kriegsanleihen der USA und kehrte mit der Truppenbetreuung für die GIs nach Europa zurück. Haltung zeigt selbst die Auswahl ihrer Chansons wie „Sag mir, wo die Blumen sind“.

Stolz beschreibt Sophie Koch die Wieder-Entdeckung des Dokumentarfilms „Black Fox – the Rise and Fall of Adolf Hitler“ von 1962, in dem der Dietrich zwar „nur“ die Rolle der Erzählerin zukam. Doch bis in die 1980er hatte sie sich für dieses seltsam poetische (und erfolglose) Werk stark gemacht.