Oberhausen. . Bryan Adams holt für 10.000 Fans in der Oberhausener Arena seinen besten Anzug aus dem Schrank. Der Kanadier entzückt mit Klassikern wie „Run to you“.
Wahrscheinlich hat Bryan Adams schon vor dem Kleiderschrank geahnt, was und wer ihn am Bühnenrand erwartet: Der kanadische Pop-Rocker zeigte sich am Freitag vor 10 000 Fans in der nicht ganz ausverkauften König-Pilsener-Arena im weißen Hemd und schicken Jackett. Schließlich lehnte er sich schon nach wenigen Minuten weit über den Bühnengraben und griff nach einer weißen und roten Rose, die ihm ein weiblicher Fan entgegenstreckte. Adams bedankte sich musikalisch: „Run to you!“
Seine ansehnliche Garderobe hatte sich der 56-Jährige allerdings nicht in einem Oberhausener Hotel zurechtgelegt. Adams stieg, wie viele Stars, nicht in Oberhausen ab, sondern suchte sich ein Zimmer am Düsseldorfer Medienhafen.
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Den euphorisch klatschenden Anhängern war dies eh schnuppe: Der Kanadier holte die komplette Arena in sein Wohnzimmer und kramte dafür eifrig in der eigenen Plattensammlung. Wenig Band-Tamm-Tamm, dafür markante Gitarren-Soli von Solisten wie dem vorzüglichen Leadgitarrist Keith Scott, der Adams schon seit etlichen Jahren begleitet. „Straight from the heart“, direkt vom Herzen, kam an diesem Abend vieles. Und von der Liebe kann Bryan Adams bei all der Schmusewolle nun wirklich ausführlich berichten. „It’s only love“ aus dem 1984er Album „Reckless“ ließ keine Fragen offen. Selbst als er sich bei seinem zweistündigen Auftritt zwischendurch einen kleinen Spaß erlaubt, muss er schmunzelnd am Mikrofonständer nicht „Please forgive me“ sagen. Er macht es natürlich trotzdem — und alle singen mit.
Die Dynamik aus vier Jahrzehnten
Da hatten die meisten längst vergessen, dass der passionierte Gelegenheits-Fotograf die Fans zuvor in die Pflicht genommen hatte: „Wollt ihr mir nicht zur Abwechslung ein deutsches Lied vorsingen?“ Nach etwas verdattertem Schweigen vermischte sich ein Klangbrei aus zwei Liedern in der Arena. Es gewann beim Fan-Chor „Eisgekühlter Bommerlunder“ von den Toten Hosen. Wer genau lauschte, der konnte beim Murmeln aber auch „Du hast die Haare schön“ von Mickie Krause heraushören.
Kräftig durchkämmen mussten sich hinterher zwei weibliche Fans, die Adams über die Videoleinwand zum heftigen Hüftschwung-Tanz aufforderte. Als Belohnung durften sie — wie bei einem drehbuchgerechten Happyend — dem Meister noch persönlich die Hand schütteln. So richtig auf seinem Platz verharren wollte spätestens in der zweiten Konzerthälfte aber sowieso kaum einer.
Bryan Adams transportierte die Dynamik aus vier Jahrzehnten beinah spielend auf die Bühne. Und so ein „Summer of 69“ wirkte nach langem Applaus — zeitlos.