Oberhausen. Filmmusik-Meister Hans Zimmer spielt bei seiner ersten Tour seit 34 Jahren in Oberhausen. Ein Konzert vor 10.000 Fans mit Bombast, Gänsehaut und großer Geste.

Mit Zimmer-Lautstärke kennt er sich aus - doch diesmal vibrieren die Armlehnen und das Bier im Becher schlägt kleine Wellen, wie im "Jurassic Park", wenn der Tyrannosaurus um die Ecke biegt. Filmmusik-Magier Hans Zimmer verlangt mit markerschütternder Wucht den Gehörgängen der 10.000 Fans in der ausverkauften Oberhausener Arena einiges ab.

Aber die berühmten Klänge aus "Jurassic Park" von seinem Kollegen John Williams spielt der gebürtig aus Frankfurt stammende Zimmer natürlich nicht: Mehr als 120 Kinofilme, darunter der aktuelle Superhelden-Zank "Batman vs Superman", hat der Maestro selbst musikalisch zusammengezimmert, viel Auswahl – das Konzert in Oberhausen dauert drei Stunden.

Hans Zimmer - Tyrannosaurus der Filmmusik-Branche

Dabei kann man Hans Zimmer schon als Tyrannosaurus der Filmmusik-Branche bezeichnen. Seine Klangteppiche strotzen oft von Testosteron-getränktem Bombast. Dunkle Chöre beim U-Boot-Drama "Crimson Tide", gewaltige Schlagzeug-Batterien beim Feuerwehr-Krimi "Backdraft". Wenn andere abdrehen, setzt Zimmer noch einen drauf. Dafür gewann der 58-Jährige den Oscar, wurde zehn Mal nominiert - sein Name funkelt auf einem Stern am Hollywood Boulevard.

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Doch der Mann, der offenbar eine Fernbedienung für die Gänsehaut der Kinobesucher besitzt, ist kein Großprotz, der mit dem goldenen Taktstock aus seiner Villa in Malibu winkt. Fast schon schüchtern läuft er zum Auftakt zum Piano. "Lampenfieber – ich habe es immer noch!" Bevor Zimmer mit seinem 70-Mann-Orchester in das Schlachtgetöse aus "Gladiator" zieht, gerät der Maestro ins Plaudern. Er ringt nach deutschen Vokabeln, wenn er von morgendlichen Telefonaten mit Star-Regisseur Ridley Scott erzählt ("Weil Ridley weiß, dass ich dann noch schlafe!"). Und entschuldigt sich dafür wie ein Schuljunge. „Immerhin versteht auch meine Band nicht, was ich euch erzähle.“ Das gibt Sympathiepunkte.

Zimmer zog bereits als Kind mit der Familie aus Deutschland weg. Er wuchs in England auf. Spielte Ende der 1970er Jahre bei der New-Wave-Band "Buggles" ("Video Killed The Radio Star") am Synthesizer - und ging schließlich nach Hollywood. Seit 34 Jahren schreibt er in der Traumfabrik Filmmusik. Vor allem aber beendet er nun bei seinen Anhängern eine Durststrecke: Es ist seine erste Konzert-Tournee überhaupt – und wenig läuft nach Drehbuch. Wer an einen gediegenen Abend im Symphonie-Theater denkt, dessen Erwartung werden durch den Fleischwolf gedreht: Hans Zimmer hat im Unkonventionellen sein Glück gefunden.

Hans Zimmer spielt "Purple Rain" von Prince

Orchester und Chor verschmelzen samt Bass und Synthesizern mit aggressiven Stroboskop-Lichtkegeln. Das führt die Akustik der Arena an ihre Belastungsgrenze, doch die Experimentierfreudigkeit geht auf. "Fluch der Karibik", "The Dark Knight", "Sherlock Holmes", "Da Vinci Code", "The Amazing Spider-Man" und "Interstellar". Riesenjubel!

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An seiner Seite: Gitarrist Johnny Marr, der mit Morrissey die britische Indie-Legende "The Smiths" gründete und Mike Einziger von der amerikanischen Crossover-Band "Incubus".

Und doch gibt es ruhige, selige Momente: Wenn Hans Zimmer am Piano aus "Inception" spielt, sein Oscar-preisgekrönter "König der Löwen" schnurrt. Oder er an den plötzlich verstorbenen Ausnahme-Musiker Prince erinnert, sein Programm über den Haufen wirft und im Lichtermeer der Handy-Displays "Purple Rain" improvisiert.

Erst wird durchgeschüttelt, dann gerührt: Etliche Fans wischen sich Tränen aus den Augen. Hans Zimmer hat seinen Job erledigt. Er hat die Emotionen aus seinen Kinostreifen abgerufen. Dafür flackerte nicht ein einziger Schnipsel Film über die Leinwand.

Am 28. April (Donnerstag) um 20 Uhr tritt Hans Zimmer in der Kölner Lanxess-Arena auf. Es ist sein letzter Tour-Termin in Deutschland. Restkarten gibt es noch ab 91,10 Euro.