Oberhausen. Das LVR Industriemuseum Oberhausen will demenzkranke Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen und bietet spezielle Führungen an.

Plötzlich ist die Vergangenheit ganz nah: Früher habe sie immer mit ihrer Schwester im Badebottich geplanscht, erinnert sich die Seniorin. Und zum Waschtag traf man sich damals immer zum Klönen im Keller, erzählt eine andere ältere Dame. Der Anblick von Zinkwanne und Waschbrett löst bei den Teilnehmern einer Führung im LVR Industriemuseum im Zentrum Altenberg Erinnerungen an damals aus. Dabei fällt vielen Teilnehmern gerade das Erinnern oft schwer: Acht an Demenz erkrankte Oberhausener sind mit ihren Betreuern im Industriemuseum – zur ersten Führung speziell für demente Menschen.

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR), zu dem das Industriemuseum gehört, bemühe sich generell um die Inklusion von kranken und behinderten Menschen, sagt Ingrid Trocka-Hülsken, Sprecherin des Oberhausener Standortes. Da sei es nur folgerichtig, sich auch um ältere Menschen zu kümmern. „Wir wollen sie nicht außen vor lassen, sie sollen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können wie jeder andere auch.“

Individuell auf Besucher eingehen

15 Kilogramm wiegt die Zange, mit der die Arbeiter früher die heißen Zinkplatten in die Walze geschoben haben. Das beeindruckt den Senior sehr. Er sei gelernter Werkzeugmacher, erzählt er Daniel Sobanski, der an diesem Tag die Führung durch das Museum leitet. Er reicht dem älteren Herrn das Museumsstück, hört sich die Geschichte des Mannes an, der in Schlesien geboren wurde und nun in Oberhausen lebt.

Bei den Führungen für Demenzkranke sei es ganz besonders wichtig, individuell auf die Teilnehmer einzugehen, erklärt Sobanskis Kollegin Maja Lange. Die wissenschaftliche Referendarin ist für die Museumspädagogik zuständig. Das Herumreichen von Artefakten sei auch ein wichtiger Teil. „Das weckt Erinnerungen und das ist auch genau so gewollt“, erklärt sie.

Schulungen für die Gästeführer

Das Altenberger Industriemuseum hat sich das Lehmbruck-Museum in Duisburg zum Vorbild genommen. Dort werden diese Führungen bereits seit längerer Zeit angeboten. „Unsere Mitarbeiter waren vor Ort, um sich zu informieren und sich schulen zu lassen“, erklärt Trocka-Hülsken. Auch im Bottroper Quadrat gibt es ähnliche Angebote.

Über das neue Angebot habe sie Seniorenheime und andere Einrichtungen informiert. „Die Resonanz ist schon jetzt riesig“, freut sie sich.

Zur Premiere sind Bewohner des Seniorenheims „Gute Hoffnung Leben“ in die alte Zinkfabrik an der Hansastraße gekommen. Interessiert fragen sie nach den Exportgebieten der Oberhausener Zink-Produkte. Sie wollen wissen, wie die Lebensbedingungen der Arbeiter damals waren. „Oh weh, oh weh“, sagt eine Teilnehmerin, als sie das Foto von gerade einmal 14-jährigen Hilfs-Arbeitern der Fabrik sieht. Früher, sagt sie, sei das Leben ganz schön hart gewesen.

Buchungen sind ab sofort möglich 

Das Industriemuseum bietet die Führung für Demenzkranke mit zwei Themenschwerpunkten an: „Vom Zink zur Badewanne“ und „Hochofen“.

Interessierte können die speziellen Führungen bei der Kulturinfo Rheinland buchen, unter 02234-99 21 555. Die Teilnahme kostet 85 Euro inklusive Eintritt (bis zehn Personen).