Oberhausen. Darauf legen türkische Senioren nämlich Wert - und auf ihre Muttersprache. Federführend ist der Osterfelder Verein für Bildung und Integration.

Ercan Telli, Geschäftsführer des Integrationsrates der Stadt, schnappt sich das Kärtchen, das Recep Kocaoglu gerade weiterreichen will. „Familie“ steht oben groß auf der Karte, wobei die Buchstaben a, i, l und e in einer anderen Farbe gedruckt wurden als der rote Rest. „Aile bedeutet im Türkischen Familie“, so erklärt Telli diese Hervorhebung. „Familie – Soziale Dienste“ ist dann auch der erste deutsch-türkische Pflegedienst der Stadt. Und Recep Kocaoglu ist der Projektleiter der jungen Einrichtung, die vom Bildungszentrum Osterfeld getragen wird.

Vier Mitarbeiter aus vier Nationen

Jetzt lud der Pflegedienst zur offiziellen Eröffnungsfeier an den Firmensitz an der Fahrnhorststraße 41 ein. Vier Mitarbeiter – türkisch, deutsch, italienisch, bosnisch – starten von dort zu ihren Einsätzen. „Wir haben schon einige Patienten, die wir betreuen“, sagt Recep Kocaoglu. Ercan Telli ist sich sicher: „Es gibt einen großen Bedarf an dieser Stelle.“ Man habe die Gastarbeiterfamilien bisher nicht im Blick gehabt. Die Menschen, die eigentlich – so ihre ursprüngliche Lebensplanung – im Alter in die Türkei zurückgehen wollten, dann aber wegen der Familie doch in Deutschland geblieben sind. Bei ihnen seien jetzt Pflege und Demenz große Themen.

Menschen, die eigentlich zurück in die erste Heimat wollten . . . Damit ist man schon bei einer Antwort auf die Frage, warum Pflege auch speziell mit türkischen Kräften wichtig ist. „Wir kennen diese unerfüllten Träume von unseren Eltern und Großeltern“, sagt Pflegedienstleiterin Gülnihal Cam-Schmidt. Emotional sei man sich da einfach näher.

Senioren erwarten sehr viel Respekt

Auf einen anderen wichtigen Aspekt weist Recep Kocaoglu hin: „Gerade an Demenz Erkrankte können sich noch an Erlebnisse aus ihrer Kindheit erinnern.“ Da sei die Sprache natürlich sehr wichtig. Außerdem erwarteten die Senioren von Besuchern wie auch von Pflegedienstmitarbeitern sehr viel Respekt, so wie er traditionell älteren Menschen in ihrer Heimat entgegengebracht werde. Ähnlich sozialisierte Menschen wüssten eher damit umzugehen.

Und Gülnihal Cam-Schmidt verspricht: „Bei uns bekommt jeder pflegebedürftige Mann auch immer einen Mann als Pflegekraft und eine Frau eine weibliche Kraft.“

Die Firma namens „Familie“ will die Angebote ausdehnen. In Planung sind bereits ein Betreuungs- und ein Demenzcafé. Später soll auch Essen angeboten werden – nicht nur für Senioren, auch für Kindergärten und Schulen.

Eltern kommen ins Seniorenalter

Federführend bei allem ist der Osterfelder Verein für Bildung und Integration mit 130 Mitgliedern, der auch Träger des Bildungszentrums ist. Hier lag früher der Hauptaspekt auf Jugendarbeit. „Weil die Eltern jetzt ins Seniorenalter kommen, gibt es jetzt auch Seniorenarbeit“, sagt Recep Kocaoglu.

Ercan Telli fordert, dass der neue Pflegedienst auch in den Alten-und Pflegeplan der Stadt aufgenommen wird. „Er darf nicht parallel laufen“, sagt Telli.

Recep Kocaoglu ist erreichbar unter 741 07-899 oder 0163-387 57 81, per E-Mail r.kocaoglu@familie-sozialedienste.de