Oberhausen. 60 Mal suchte Oberhausens Polizei 2015 bereits nach Senioren, die vermisst wurden. Pflegeeinrichtungen entwickeln Konzepte für Menschen mit Demenz.
Sie sind verwirrt, wissen nicht mehr wo sie sind oder wo sie hin möchten: Bereits in 60 Fällen hat die Oberhausener Polizei in diesem Jahr – von Januar bis August – ältere Mitbürger, oft mit Demenz, suchen müssen, weil sie von ihrer Pflegeeinrichtung als vermisst gemeldet wurden. „Damit haben wir kontinuierlich zu tun“, erklärt Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber auf Anfrage.
Die Pflegeeinrichtungen in der Stadt reagieren ebenfalls auf die steigende Anzahl von Menschen, die an Demenz erkrankt sind. „Wir vollziehen hier einen Drahtseilakt“, sagt Annegret Verhey, Pflegedienstleiterin im Haus Gottesdank. „Wir wollen und dürfen die Bewohner nicht in ihrer Freiheit beschränken, haben aber gleichzeitig auch eine Fürsorgepflicht.“
Details werden abgefragt
„Wenn wir den Hinweis bekommen, dass eine ältere Person vermisst wird, werden sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet“, berichtet Wilming-Weber. Im Kontakt mit der Pflegeeinrichtung werden Details abgefragt. „Ist der Senior etwa auf Medikamente angewiesen? Wie sehr ist die Person in ihrer Bewegung eingeschränkt?“ Auch die Witterung spielt eine Rolle. „Im Hochsommer besteht die Gefahr, dass die Vermissten vielleicht dehydrieren, im Winter, dass sie erfrieren.“
Unter Umständen werden Helikopter mit Wärmebildkameras und Suchhunde eingesetzt, um die Beamten am Boden zu unterstützen. „Im unwegsamen Gelände ist eine Suche schwierig.“ Die Fälle in diesem Jahr sind allesamt glimpflich ausgegangen. „Die Personen konnten wieder gefunden werden“, berichtet Wilming-Weber.
Haltestelle zum Verweilen im Garten
Im Vincenzhaus in Alt-Oberhausen ist eine Wohngruppe für Menschen mit Demenz in einem geschützten Bereich untergebracht. „Wir möchten nicht, dass diese Menschen sich gefährden“, sagt Christian Dupke, der Pflegedienstleiter des Vincenzhauses. Dabei gelte aber, dass die Bewohner nicht in ihrer Freiheit eingeschränkt werden dürfen. „Das geht nur mit einem richterlichen Beschluss.“ Spazieren gehen können die Bewohner auf einem Rundlauf im Garten des geschützten Bereichs. „Es kommt viel auf den Einzelfall an. Wir hören uns die Biografie an“, so Christian Dupke. Sollte es zu einem Vermisstenfall kommen, werden Porträtaufnahmen der Bewohner an die Polizei weitergegeben.
Gerichte setzen enge Grenzen
Sogenannte freiheitseinschränkende Maßnahmen – etwa das Anlegen eines Fixiergurts oder das Verabreichen von Psychopharmaka – die das Ziel verfolgen, den Betroffenen in seiner Bewegungsfreiheit zu beschränken, unterliegen engen Grenzen. In fast allen Fällen muss das Amtsgericht als Betreuungsgericht zustimmen.
Holger Eichstaedt vom Netzwerk Demenz regt an, die Ursache für den Bewegungsdrang vieler dementer Bürger anzugehen. „Oft werden Schmerzen nicht behandelt“, erklärt er. „Der Erkrankte kann sein Leiden nicht ausdrücken. Darum versucht er, vor seinen Schmerzen wegzulaufen.“
Im Haus Gottesdank gibt es ebenfalls einen gesicherten Bereich, wie Annegret Verhey berichtet. „Wir haben eine Bewohnerin, die in früheren Jahren immer um 17 Uhr ihre Tochter von einer Bushaltestelle abgeholt hat. Das wissen wir nun und ein Mitarbeiter geht mit ihr um diese Uhrzeit spazieren.“ Im Garten des Haus Gottesdank wurde zudem eine ausrangierte Haltestelle aufgebaut, an der Bewohner verweilen können.