Oberhausen. Petra Höpfner hat rund 500 Brettspiele gesammelt und einen Spielkreis in ihrer Kirchengemeinde gegründet. Sie testet auch Prototypen.
Das ist wahre Begeisterung für ein „schönes Hobby“, wie die Begeisterte selbst sagt. Petra Höpfner ist nicht nur bestens vorbereitet für das Gespräch zum Spaß am Brettspiel. Sie hat auch ihre Wohnung bestens vorbereitet: Am Küchentisch, im Arbeitszimmer, sogar auf der Wohnzimmercouch sind Spiele mit Hingabe drapiert, die Karten aufgefächert, die Figuren – zumindest einige, als Hingucker – in Formation aufgereiht. Man möchte gleich eines ausprobieren, den „Colt Express“ vielleicht mit seinen Bahnwaggons und den Geldsäckchen en miniature? Oder das mondän mit Glasfassaden auftrumpfende „The Gallerist“? Für „Glück auf“, das Ruhrgebietsspiel, verbesserte Petra Höpfner sogar das Schacht-Brett: Die Seilfahrt unter Tage hat jetzt eine stabilere Grundlage.
Jeder Spieleabend eine Bescherung
Man merkt, die 57-Jährige hatte Kunstpädagogik studiert. Als Lehrerin arbeitete Petra Höpfner zwar nie, sondern als EDV-Trainerin und -Organisatorin. Doch der Blick für die gute Gestaltung blieb natürlich – und das Händchen, sie gelegentlich noch zu verbessern.
Klar, mit „Mensch ärgere Dich nicht“, dem vor 105 Jahren erstmals aufgelegten Würfel- und Kegelchen-Klassiker, hatte auch bei ihr der Spaß angefangen. Aber es blieb eben kein Kinderspiel. „In Brettspielen habe ich immer ein Buch gesehen, das mir eine Geschichte erzählt“, sagt Petra Höpfner. An Mitspielern habe es nie gemangelt – und schon früh hatte sie auch angefangen, die Spielregeln zu variieren. „Das heißt heute Hausregeln“, erfuhr sie von einem jüngeren Mitspieler ihres Kreises. Und die Duelle am bunten Brett, mit Figürchen, Würfeln und Aktionskarten heißen neudeutsch „Analogspiele“ – im Gegensatz zu den digitalen Matches an PC oder Tablet.
Gewichtige Katakomben
Kennt die erfahrene Spielerin auch ein Spiel, das die familiäre Stimmung rettet, wenn Festtage doch zu lang werden sollten? Petra Höpfner zögert nicht lange und führt das Magnetspiel „Hearts of Attraction“ vor. Eher ein Geschicklichkeitsspiel aus Metall-Herzen, „nett, unterhaltsam“, meint die Kennerin. „Das hat auch meine 80-jährige Mutter begeistert.“
Der Offene Brettspielkreis Oberhausen trifft sich monatlich von 19 bis 22 Uhr im Evangelischen Gemeindezentrum Königshardt-Schmachtendorf, Forststraße 71. Über die aktuellen Spiel, die Spiel-Philosophie und auswärtige Treffen informiert online auf boardspielerbrettgamer.wordpress.com.
Einen besonderen Abend kündigt Petra Höpfner für Mittwoch, 20. Januar, an: Dann präsentiert Carsten Reuter vom Oberhausener Schwerkraft-Verlag seinen aktuellen Bestseller „Katakomben“, ein zweieinhalb Kilo-Paket.
Im von ihr gegründeten offenen Brettspielkreis in Schmachtendorf ist sie die älteste Mitspielerin. Vor drei Jahren ging’s Zug um Zug los, „jetzt sind wir vier Tische“. Und wer welche Neuentdeckung mitbringt, ist jedes Mal die kleine Bescherung. Komplexe Spiele für Strategen sind dabei, für die man den ersten Abend erst einmal dem Regelwerk widmen muss. „Aber es darf auch mal ein lustiges Kinderspiel sein“, versichert Petra Höpfner.
Die „Analog“-Spielerin hat sich gut vernetzt mit Enthusiasten von Mülheim bis Dinslaken. Ein Kreis in Gladbeck gab sich den schönen Namen „Pottstrategen“. Auch zu Spiele-Verlegern hat Petra Höpfner längst guten Kontakt, durfte schon Prototypen dem Praxistest unterziehen. Dennoch zählt sie sich – und man glaubt’s ihr gerne – keineswegs zu den Verbissenen, denen Gewinnen über alles geht. „Ich bin mehr fürs Erleben.“ Schließlich ist die „studierte“ Künstlerin und Eigentümerin von rund 500 Brettspielen vor allem Spiel-Ästhetin. Strenge Strategen könnten über die nostalgischen Rollenspiele der „Steampunks“ in ihren viktorianischen Gewändern die Nase rümpfen.
Gute Ideen, liebevoll gestaltet
Sie ist stolz auf ihr „Planet Steam“-Spiel in der besonders edel ausgestatteten Erstauflage: gutes Material, liebevoll gestaltet. Es ist ja niemand gezwungen, sich in Reifrock und Frackschößen – womöglich mit steampunkigem Lederhelm – an den Spieltisch zu setzen. Apropos Helm: Petra Höpfner gestattet sich selbst zwar nur noch den Kauf eines neuen Brettspiels pro Monat. Das teurere Hobby pflegt dennoch ihr Ehemann, denn er fährt gerne Motorräder. Keine Kunststoff-Modelle, sondern echte.