Oberhausen. Österreicher betreiben Hütten auf dem Centro-Weihnachtsmarkt in Oberhausen. Regen und Terrorangst trüben den Umsatz. Doch es geht nicht nur Speck, Bier und Schnaps.
Die Hände gehen wiederholt zum Himmel - „...kommt lasst uns fröhlich sein.“ Was die Musik-Kapelle mit einem Fingerzeig zum Holzdach in der Flachaualm ins Mikro singt, wird auf dem Weihnachtmarkt im Centro gerne umgesetzt.
Dass die Hände der Gäste in diesem Jahr noch keine Handschuhe wärmen mussten, spielt zur fortgeschrittenen Stunde sowieso keine Rolle mehr. 200 Städter feiern wie nach einer Bergtour bei Williams Birne und deftigem Schweinebraten. Après-Ski normal. Nur ohne Ski. Und Schnee. Und die Berge.
Alle Kellner reisen aus Österreich an
Wer hier bestellt, hört den Unterschied zu anderen Weihnachtsmarktbuden. „Servuuuuusss!“ Fragt der Kellner. „Woas magst’ trinken?“ Nicht nur die schwarze Weste und das blaue Karohemd sieht hier nach Urlaub aus. Das ist gewollt. „Die Atmosphäre entsteht ja nicht von alleine“, erzählt der Chef der österreichischen Budenbetreiber, Jakob Kaml. Darum hat er alle Kellner mit ins Ruhrgebiet gebracht, die während der 40 Tage Weihnachtsmarkt in einem Hotel in Sterkrade und dem Centro-nahen Hostel schlafen.
Weihnachtsmärkte 2015Die Fernbeziehung zwischen dem 2700-Seelendorf Flachau, das im Salzburger Land liegt, und Oberhausen begann vor sieben Jahren mit einer kleinen Hütte vor der Coca-Cola-Oase. Gerade einmal fünf Mitarbeiter reisten damals mit. Heuer sind es 40. Und neben der Flachaualm mit 200 Sitzplätzen direkt unter der Rutschbahn an der Haltestelle "Neue Mitte“ ist erstmals der doppelstöckige „Hochsitz“ mit weiteren 70 Sitzplätzen dabei.
„Wir haben gemerkt, dass den Leuten das Authentische gefällt“, sagt Jakob Kaml. Darum könne man nicht irgendwen holen. Kapellen und Bands aus der Bergregion reisen mit in die Neue Mitte. Sie singen vom Heimeligen. „Ich steh’ auf Schnee“ ist ein Schlager, der auch bei 15 Grad Außentemperatur funktioniert.
350 Kilogramm Schinkenspeck, 500 Liter Schnaps
Dazu stellen Kellner mit einem Scheppern österreichische Biere auf die massiven Holztische. An einem guten Tag sind es 20 bis 25 Fässer, die geleert werden. Dazu hat Kaml 350 Kilogramm Schinkenspeck, 500 Liter Schnaps mit ins Centro gebracht.
In diesem Jahr fällt die Bilanz zwiespältig aus: Die Terrorschläge von Paris hätten, wie Kaml sagt, die Besucherzahlen beeinflusst: „Es wurden einige Tischreservierungen abbestellt.“ Viel mehr aber trübten die Regentage die Bilanz. Dennoch seien die Hütten an den Wochenende immer rappelvoll gewesen.
Überhaupt verfolgt das Arrangement der Besucher aus Flachau auch ein ganz anderes Ziel: Mit 1,2 Millionen Übernachtungen pro Jahr lebt die Bergregion maßgeblich vom Tourismus. Und ein wichtiges Einzugsgebiet ist: das Ruhrgebiet. „Die Buchungen sind in den vergangenen sieben Jahr aus dieser Region um 25 Prozent gestiegen“, sieht Kaml eine Verbindung zur Budenwelt in der Neuen Mitte. Und: Nordrhein-Westfalen sei in Deutschland ohnehin der stärkste Markt.
Von Oberhausen sehen die Gäste aus Flachau wenig
Von Oberhausen sehen die Flachauer dagegen eher wenig: Nach der Schicht geht es sofort ins Bett. Es sei ein anstrengender Job, der sicher auch Spaß bereite. Für unschöne Keilereien unter Gästen nach einem Schnaps zu viel, habe der Hüttenchef einen Blick. „Da geht man dann dazwischen. Der Wirt genießt meistens Respekt.“ Freundlichkeit sei ihm wichtig. „Wir sind doch Botschafter aus den Bergen.“