Oberhausen. Mit 14 Jahren floh Mohi vor dem Terror der Taliban aus Afghanistan. Zwei Jahre später engagiert er sich selbst für die Flüchtlingshilfe in Oberhausen.

Selbstmordattentäter auf den Straßen, den Terror vor der Haustür – vor zwei Jahren ließ Mohibullah Sayed seine Heimatstadt Kabul hinter sich. Mit seinem älteren Bruder floh er aus Afghanistan über die Türkei nach Deutschland. Da war er 14.

Mittlerweile engagiert sich „Mohi“, wie er sich selbst vorstellt, ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Eine Selbstverständlichkeit für den 16-Jährigen. „Ich möchte den Menschen helfen. Ich weiß, wie es ist, hier anzukommen und niemanden zu kennen.“

Dolmetschen im Krankenhaus

Als eine afghanische Familie mit einem kranken Kind nach Oberhausen kam, übersetzte Mohi im Krankenhaus, beim Sozialamt, in der Sparkasse. „Manche der Flüchtlinge können kein Englisch, sprechen nur Arabisch. Da wird es schon schwierig mit der Kommunikation.“

Mohi weiß das nur zu gut: Vor zwei Jahren noch konnte er kein einziges Wort Deutsch. Mohi lernte aber schnell. Denn schon in seiner Kabuler Schule hatte er zusätzliche Sprachkurse belegt. Paschtunisch und Dari, die Amtssprachen, dazu Ordu, Englisch, ein bisschen Arabisch, Hindi und Paki. Dann kam Deutsch. „Ich dachte, ich verstehe nie ein Wort. Das war schon schwierig am Anfang.“ Aber das Sprachtalent meisterte auch das.

Mittlerweile hat er schon neue Pläne. „Ich mag Russisch. Die Schrift und ein bisschen Small Talk kann ich schon.“

Gerade hat der 16-Jährige auf Deutsch eine höchst anspruchsvolle Klausur geschrieben – über „Eine kleine Fabel“ von Franz Kafka, den tschechischen Schriftsteller, der mit seinen Fabeln und Erzählungen selbst bei hier aufgewachsenen Schülern für Kopfzerbrechen sorgt. „Nicht gerade einfach, das zu verstehen“, sagt er und lacht.

Neben seiner Arbeit als Dolmetscher für die Flüchtlingshilfe kümmert er sich um die Neuen in seiner internationalen Klasse am Bertha-von-Suttner-Gymnasium. „Gerade ist ein syrischer Junge angekommen. Er kann sich sehr schlecht konzentrieren, weil er in Gedanken immer zu den Verwandten in seiner Heimat abschweift. Ich sage ihm, dass er nicht alleine ist.“

Der Vater noch auf der Flucht

Mohi ist schlaksig, die langen dünnen Finger ruhen gefaltet in seinem Schoß. Wenn er lacht, zeigt er seine weißen Zähne. Er spricht leise mit leichtem Akzent. Erzählt von seinem Vater, einem Geschäftsmann, der mit Amerikanern handelte. Von den Briefen der Taliban, die sie warnten, sie alle zu töten, sollten sie die Geschäfte nicht beenden. Von Männern, die plötzlich vor der Tür standen. Von Bomben.

Er glaubt nicht, dass er jemals zurück kann nach Kabul in seine Heimatstadt. „Ich wusste nie, ob ich von der Schule wieder nach Hause komme. In Afghanistan gibt es keine Sicherheit.“ Mohi sieht seine Zukunft in Deutschland, er möchte Dolmetscher werden.

Als er hier ankam, kannte Mohi niemanden außer seinem Bruder. „In Köln/Bonn sind wir gelandet. Und dann wurden wir von einem Typ ins Taxi zur Asylunterkunft in Dortmund gesetzt.“ Von Dortmund ging es nach Bielefeld, schließlich nach Oberhausen. Seine Mutter durfte, nach Mohis Ankunft in Deutschland, nachkommen. Mit ihr und seinem Bruder wohnt Mohi in einer gemeinsamen Wohnung. Sein Vater und sein zweiter Bruder sind noch auf der Flucht. Mohi hofft, dass auch sie bald in Deutschland eine neue Heimat finden dürfen.