Oberhausen. . Seit fünf Jahren gehört das Therapeutische Reiten zu den Angeboten des Vereins für körper- und mehrfachbehinderte Menschen Alsbachtal in Oberhausen.

Sie sind ein eingespieltes Team: Wenn Frederik (9) und Joyau (17) ihre Bahnen in der Halle des Natur- und tierpädagogischen Zentrums Mattlerhof ziehen, strahlt der neunjährige Reiter übers ganze Gesicht: Hier ist er entspannt, hier kann er sein, wie er ist. Und Joyau? Das Camargue-Pferd wirft seine gesamte Erfahrung als Therapiepferd in die Waagschale und trägt seinen Reiter, der mit dem Down-Syndrom geboren wurde, sicher Runde um Runde.

Seit fünf Jahren gehört das Therapeutische Reiten zur Angebotspalette der Alsbachtal gGmbH, des Vereins für körper- und mehrfachbehinderte Menschen mit Sitz im Oberhausener Norden.

Motorik wird weiterentwickelt

Mit dem Reitzentrum im benachbarten Duisburg hat sich die Leiterin dieser Einrichtung, Patricia Rahardja (36), einen Traum erfüllt: „Ich kann hier mein Hobby, das Reiten, mit meinem Beruf als Diplompädagogin verbinden.“ Mit sechs Jahren saß sie bereits im Sattel, mit 18 hatte sie ihr erstes eigenes Pferd. Als sie als Studentin bei einem Familien-unterstützenden Dienst jobbte und einen mehrfachbehinderten Jungen betreute, kam ihr die Idee, das Therapie-Reiten zu ihrem Arbeitsschwerpunkt zu machen – und die entsprechende Ausbildung zu absolvieren. „Als dann vor fünf Jahren die Hofstelle am Mattlerhof neu verpachtet wurde, habe ich mit einer Kollegin das Konzept fürs Alsbachtal erarbeitet, und der Regionalverband Ruhr hat uns den Zuschlag gegeben.“

Über Monate wurde umgebaut, damit alle Räume barrierefrei wurden. Auch die Boxen wurden vergrößert: „Und nach einem Jahr hatten wir genug Spenden, um unsere Reithalle bauen zu können.“ Das Zentrum Mattlerhof ist auf Spenden und Fördergelder angewiesen, um die Arbeit auch für die Menschen, die dieses Angebot in Anspruch nehmen, bezahlbar zu halten: „Leider wird Therapeutisches Reiten von den Krankenkassen nicht bezahlt“, bedauert die Pädagogin. Dabei sei gerade Frederik ein guter Beweis dafür, wie erfolgreich die Therapie sein kann. Einmal in der Woche kommt er mit seiner Mutter hierher; inzwischen hat er mit Joyaus Hilfe seine Motorik so weit entwickelt, dass er sogar galoppieren kann. 20 Minuten auf dem Pferd helfen ihm, seine Muskeln besser zu kontrollieren.

Nicht auf die Uhr schauen

Doch das sei nur ein Aspekt, sagt Rahardja: „Wichtig ist auch, dass die behinderten Menschen hier Berührungsängste ab- und Vertrauen aufbauen können. Beim Reiten werden Körper, Geist und Seele gleichermaßen angesprochen.“

Zum Angebot im Mattlerhof gehört nicht nur die Einzeltherapie. In kleinen Gruppen lernen behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam den Umgang miteinander und mit dem Tier. Das pechschwarze Shetland-Pony Flori, das kleinste Pferd im Stall, ist bei den Kleinen besonders beliebt. Insgesamt nutzen bis zu 100 Menschen in jeder Woche die Angebote des Zentrums, darunter auch Kitas oder Schulen.

Dabei sei die Arbeit durchaus „kein Ponyhof“, schmunzelt Rahardja, „es gibt wirklich viel zu tun. Und wer mit Tieren arbeitet, weiß, dass man dabei nicht auf die Uhr schauen darf.“ Mit ihr kümmern sich vier pädagogisch-therapeutische Mitarbeiterinnen, zwei Buftis (Bundesfreiwilligendienst) und zwei Pferdepflegerinnen um Ross und Reiter: „Und wir haben etwa zehn ehrenamtliche Helfer, darunter zwei Herren, die zum Glück handwerklich super geschickt sind. Sonst ginge das alles gar nicht.“

Inzwischen haben Frederik und Joyau – geführt von Therapeutin Karola Berger – die Halle verlassen, um draußen im Park noch eine kleine Runde zu drehen. . .