Oberhausen. Ermittler und eine Staatsanwältin aus Duisburg verfolgten hartnäckig eine Spur. Ein intelligenter Bandenchef ließ offenbar Spanier für sich arbeiten.
Zwei Finanzermittlern des Oberhausener Kriminalkommissariates für Organisiertes Verbrechen und einer Duisburger Staatsanwältin ist ein großer Coup gelungen. Sie ließen eine weltweit agierende Bande hochgehen, der Betrug, Geldwäsche und Computerkriminalität vorgeworfen werden. So soll ein Hacker der kriminellen Gruppierung Konten großer Firmen geknackt und deren Rechnungen derart verändert haben, dass Zahlungen auf Konten der Kriminellen flossen. Alles in allem 1,5 Millionen Euro.
Begonnen hat alles im April dieses Jahres. Ein aus Malaga stammender Spanier zog an die Mülheimer Straße in Oberhausen und meldete dort auch eine Firma an, ein Import- und Exportgeschäft für Gebrauchtwagen. Weil so hohe Beträge auf das Firmenkonto gezahlt und wieder abgehoben wurden, meldete seine Bank das dem Landeskriminalamt. In den meisten Fällen erweisen sich solche Transaktionen als normal. Doch die Spürnase eines erfahrenen Oberhausener Finanzermittlers sagte ihm: „Da stimmt was nicht.“ Polizei und Staatsanwältin blieben am Ball, beobachteten die Geldtransaktionen.
Polizei kam in Dortmund zu spät
Bei ihren Ermittlungen stießen sie schnell auf weitere Spanier aus Malaga , die alle das Gleiche machten: Konten eröffnen, Firmen gründen. Sie waren in Offenbach, Oberhausen, Recklinghausen, Dortmund oder Essen gemeldet, hielten sich aber in Essen auf.
In kriminalistischer Kleinarbeit und während vieler Überstunden fanden Ermittler und Staatsanwältin heraus, was da vor sich ging. Die Spanier blieben immer nur eine Woche an einem Ort. Nur so lange, bis ein Post-ID-Verfahren abgeschlossen war und sie ein Online-Konto eröffnet und eine Firma gegründet hatten. Dann verschwanden sie zunächst wieder nach Spanien. In Dortmund wollte die Polizei ihre Räume durchsuchen. Da waren sie bereits ausgeflogen.
Aber da war ein Mann, ein Schwarzafrikaner, der immer wieder Geld von den Konten der Spanier abhob. Von ihm gab es ein Foto von einer Überwachungskamera. Was war das für ein Typ? Wie passte er ins Bild?
Scheinfirmen gegründet
Während die Polizei nun auch den Schwarzafrikaner im Blick hatte, gingen immer mehr und immer höhere Geldüberweisungen aus dem Ausland auf die Konten der Spanier ein. Es wurde deutlich: Die Bande arbeitete offensichtlich nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
Ins Visier der Ermittler geriet schließlich ein in Dortmund lebender Afrikaner (36), der sich als der Mann auf dem Bild und als Bandenchef herausstellte. Er war nirgendwo gemeldet, extrem vorsichtig und wie sich auch zeigte hochintelligent. Er warb in Spanien Männer an, die für ihn Straftaten begingen. In Spanien wohl auch deshalb, weil Spanier als EU-Bürger mit Unterschrift im Reisepass für Post-ID-Verfahren in Frage kommen.
Die Spanier gründeten im Ruhrgebiet Scheinfirmen. Sie eröffneten bei zahlreichen Banken Privat- und Firmenkonten im In- und Ausland. EC- und Kreditkarten überließen sie dem Afrikaner. Anschließend machten sich die Spanier wieder auf die Heimreise.
Im November schlagen die Ermittler zu
Jetzt kam ein weiteres Bandenmitglied ins Spiel, der Hacker. Er hackte sich weltweit in E-Mail-Konten großer Unternehmen ein. Rechnungen, die die Firmen an Kunden verschickten, veränderte der Hacker so, dass die Kunden ihr Geld auf die Konten der Kriminellen überwiesen. Also letztlich an den Afrikaner. Große Geldbeträge wurden von ihm sofort abgehoben oder weitergeleitet. Beteiligt war an den Aktionen auch eine in Dortmund lebende Afrikanerin (39), die wiederum Geld nach Nigeria schaffte.
Dieses Treiben beendete die Polizei am 10. November. Elf Gebäude durchsuchten Fahnder und Spezialeinheiten in Dortmund, Essen, Castrop-Rauxel und Niedersachsen. Sechs Personen wurden festgenommen. Darunter befinden sich der Bandenchef und die Afrikanerin. Außerdem der Bandenlogistiker, ein EU-Bürger, der sich um die Spanier kümmerte. Festgenommen wurden außerdem zwei Spanier, die gerade aus Malaga angereist waren.
Die Ermittlungen dauern an.