Oberhausen. Susanne Reidick schätzt die 50 Jahre alte Robinie auf ihrem Grundstück. Bauarbeiten haben sie stark beschädigt. Jetzt könnte sie gefällt werden.

Es sind Erinnerungen an eine glückliche Kindheit, die Susanne Reidick mit der alten Robinie auf dem Grundstück an der Rostocker Straße in Sterkrade verbindet. Als ihre Familie in die Siedlung gezogen ist, da waren sie ringsum von Grün umgeben. „Es war wie im Paradies“, sagt sie. „Wir lebten mitten in der Stadt, aber trotzdem hat es sich angefühlt wie auf dem Land.“

Heute rollen die Baumaschinen und Lastwagen über das Wurzelwerk des 50 Jahre alten Baums. Über die Jahre sind auf Teilen der ursprünglichen Heidelandschaft immer wieder neue Wohnhäuser entstanden.

„Ich bin keine Verrückte“, sagt Susanne Reidick, „die sich an einem Baum ketten würde“. Die 52-Jährige sieht nur keinen Grund, warum der alte Baum dem Neubaugebiet zum Opfer fallen muss. Das Problem ist ja nur, dass neben dem Haus der Familie ein befestigter Weg gebaut wurde. Früher verlief hier lediglich ein Trampelpfad. Der Baum steht am Rand davon auf dem Grundstück von Susanne Reidicks Mutter Mathilde. Die Wurzeln reichen bis in das Erdreich des städtischen Grundstücks. „Kein Mensch in der Siedlung hat nach diesem befestigten Weg geschrien“, sagt Susanne Reidick. Täglich liefen dort nur wenige Menschen mit ihren Hunden entlang. Sie hätten sich nie an dem Trampelpfad gestört. Durch die Tiefbauarbeiten für den Weg seien jetzt tragende Wurzeln durchtrennt worden.

Sorge um den Baum

Und jetzt sorgt sich Susanne Reidick, dass die Stadt beabsichtigt, die Robinie endgültig fällen zu lassen. Dass darüber zumindest schon nachgedacht wurde, das weiß sie von Bauarbeitern. Als sie ihnen sagte, dass sie auf den Baum und seine Wurzeln Rücksicht nehmen sollten, hätten sie ihr entgegnetet: „Der kommt sowieso weg.“

Ihre 81-Jährige Mutter Mathilde ärgert sich vor allem darüber, dass die Stadt nicht mit ihnen spricht. „Wir hätten uns einfach nur gewünscht, dass man uns vernünftig informiert“, sagt sie, „aber das hat niemand für nötig gehalten“.

Zuletzt haben Mutter und Tochter einen Anwalt eingeschaltet. Das ist auch der Grund, warum die Stadt sich zu dem Fall nicht äußern kann. „Es ist ein laufendes Verfahren, dazu darf ich keine Auskünfte geben“, sagt Stadtsprecher Uwe Spee.

Aber auch wenn die Stadt sich öffentlich nicht äußern will, so hat sie zumindest Susanne Reidick schriftlich mitgeteilt, wie sie über die Robinie denkt. Die Arbeiten an dem Weg seien nötig. Es muss dort gegraben werden. „Somit wird eine Schädigung der in das städtische Grundstück hineinreichenden Wurzeln unumgänglich“, heißt es in einem Brief des zuständigen Fachbereichs der Verwaltung. Ob die Stadt für die Schäden an dem Baum aufkommen muss, soll laut dem Schreiben noch geprüft werden. Susanne Reidick sieht ohnehin nur noch wenig Chancen, dass die Robinie überleben wird. „Wenn jetzt die haltenden Wurzeln kaputt sind, dann ist es gut möglich, dass der Baum instabil wird.“ Dann müsste er so oder so gefällt werden, schätzt sie.

Und mit ihm wurde auch ein Erinnerungsstück an ihre glückliche Kindheit in der Siedlung verschwinden. „Das wäre sehr traurig für mich“, sagt sie wehmütig.