Oberhausen. Heino eröffnet seine bundesweite Rocktour in der Turbinenhalle Oberhausen. Auf dem Gelände prallen Schlagerfans auf Punk- und Wrestling-Enthusiasten.

Der Schwarzmarkthändler ist völlig durcheinander: Am Samstag strömen Fans von Heino, Liebhaber einer Wrestling-Show und Anhänger der britischen Skin-Punk-Band „Cock Sparrer“ zur Oberhausener Turbinenhalle. Die drei Shows laufen an diesem Abend in unterschiedlichen Räumen der 106 Jahre alten Werkhalle der ehemaligen Gutehoffnungshütte.

Auch interessant

Was nach eindeutiger Kante klingt, sorgt bei den Karten-Schacherern für erhebliche Schwindelgefühle. „Was? Du willst lieber zu Heino?“, sagt er zu einem Hünen in einer mit Leder versetzten Kutte.

1000 Fans wollen im drittgrößten Bereich der gut gefüllten Turbinenhalle 2 den wunderlichen Wandel des seit 50 Jahren Schlager singenden Düsseldorfers bei seinem Hardrock-Debüt „Schwarz blüht der Enzian“ hören.

Heino erscheint sehr pünktlich im schwarzen Ledermantel und mit Sonnenbrille vor einem Totenkopfbanner und bricht damit eigentlich schon mit den Spielregeln des Genre. Lächelnd, die Arme ausgebreitet.

Die Ansage „Heino, aus Bad Münstereifel, California“ wird nicht der letzte Schabernack bleiben. Und so räumt Heino zu Beginn seines 95-Minuten-Auftritts schnell eine Hürde ab. „Wir sind ja alle Rocker, darf ich euch duzen?“

"Was soll das?" - Heino wird zu Herbert Grönemeyer

Wer ist gekommen? Fans, die erstaunlich unermüdlich den Gassenhauer des Abends („Ohne Heino geh’n wir nicht nach Haus“) skandieren. Tattoo-Träger in Metallica-Shirts. Mädels, Ende 20, in kurzärmligen Tops. Heino-Doubles im roten Anzug mit blonder Perücke. Partyfans mit blinkenden Hüten. Auch einige reifere Semester mit Rollatoren haben sich einen Platz auf einer Empore gesichert. Der Rest steht, wippt und staunt.

Der 76-Jährige Volksmusik-Veteran holt sich jüngere Verstärkung in seine Band, aber keine Jungspunde. Acht Männer und drei Hintergrundsängerinnen unterstützen den Rock-Barden.

Auch interessant

Sein Reigen beginnt mit einem Klassiker der Punkband „Die Ärzte“. „Junge, du hast wirklich nichts gelernt“, singen die Fans mit, danach „Augen auf“ von „Oomph!“ und fragen ganz wie Herbert Grönemeyer: „Was soll das?“ Mit dem Cover-Song-Album „Mit freundlichen Grüßen“ landete Heino 2013 auf Platz eins der Hitparade.

Erst danach verkleidet der Sänger seine Klassiker in einem Metal-Gewand. Wie klingt das? Die Lautstärke ist authentisch. Mancher rüttelt bei den ersten klirrenden Gitarren an den eigenen Ohrlappen.

Auch wenn strenge Puristen des Genres im Vorfeld genervt abwinkten, kann man der rollenden Stimme des Sängers bei seinem Rock-Abenteuer keine Fehlplatzierung unterstellen. Sehr gelungen ist „Blau blüht der Enzian“, an dessen Melodie die Musiker aus dem Heino-Team am stärksten schraubten. In dem dazu passenden Musikvideo agieren neben Heino übrigens schmunzelgerecht Stefan Mross, Patrick Lindner und Gotthilf Fischer als Rocker-Bandkollegen und die Wildecker Herzbuben als Konzert-Security im Bühnengraben.

Enzian-Tournee statt DSDS-Jury

Deutlich schwerer fällt die Rock-Adaption indes bei „Schwarzbraun ist die Haselnuss“, „La Paloma“ oder „Rosamunde“, dessen volkstümliche Seele sich auch mit noch so vielen E-Gitarren nicht wegspielen lässt. Heino hat sichtlich Spaß. Und so wechselt das Konzert munter zwischen Cover-Songs von Nena („Leuchtturm“) und den Prinzen („Alles nur geklaut“), was mit Hardrock wenig zu tun hat. Auch eine Polonaise zum Finale lernt man kaum in der Rock'n'Roll-Realschule.

Kalkulierte Inszenierung, aber auch ein reifes Vergnügen mit viel Ironie, das Heinos Ehefrau Hannelore fast unbemerkt im Zuschauerbereich mit ihrem Handy filmt.

Am Ende fliegen sogar Unterhosen und BHs auf die Bühne. Schluss aus ist die Haselnuss. Langer Applaus in der kleinen Halle.