Oberhausen. Ein Untersuchungsbericht zum Handy-Skandal in Oberhausen deckt erhebliche Mängel bei Stadt, OGM und Telekom auf. Ein großer Schaden ist entstanden.

Im Handy-Betrugsfall ist der Stadt Oberhausen und ihrer Tochter OGM ein Gesamtschaden von 740.000 Euro entstanden. Das ergaben Berechnungen der von der Stadt beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Niederrheinische Treuhand. Danach bestellten zwei IT-Sachbearbeiter bei der OGM zu Lasten der öffentlichen Hand in der Zeit von 2011 bis November 2014 bei der Telekom über ein internes Internet-Verkaufsportal knapp 2400 Mobiltelefone (Samsung Galaxy und Apple I-Phone), um diese meist zu ihrem Nutzen weiterzuverkaufen.

Kein fahrlässiges Verhalten

Nach Erkenntnis der Prüfer gab es aber eine Kette von Fehlern bei der OGM, der Stadt und der Telekom, die diesen Betrug möglich machten. Gleichwohl kommt Jürgen C. Brandt von der Treuhand, früherer Duisburger Stadtdirektor, nach Auswertung von 90 Akten und 14 Besprechungen zum Schluss: „Der Geschäftsführung der OGM ist kein Vorwurf zu machen.“

Auch im Rathaus entdeckte Frank Thönissen, Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, „keine Hinweise für ein fahrlässiges oder missbräuchliches Handeln städtischer Mitarbeiter“. So dass Oberbürgermeister Klaus Wehling schlussfolgert: „Es besteht nach dem jetzigen Informationsstand kein weiterer personeller Handlungsbedarf.“

Teure Verträge

Bisher wurden die Arbeitsverträge der zwei IT-Sachbearbeiter aufgelöst, diese werden strafrechtlich belangt. Ihr Abteilungsleiter wurde in Rente geschickt. Gegen alle drei und den stellvertretenden Abteilungsleiter klagt die OGM vor dem Arbeitsgericht. Welche Fehler hat die Treuhand nun aufgedeckt?

Mit ihrem Internet-Verkaufsportal ermöglichte es die Telekom, teure Zwei-Jahres-Verträge im Wert von je 1500 Euro trotz der gelieferten subventionierten Ein-Euro-Handys zweimal abzustufen – auf 48 Euro. „Das war gegen die eigenen Telekom-Regeln im Portal umsetzbar. Da die Telekom den neuen Verträgen nicht widersprochen hat, gelten diese“, meint Brandt.

Vertrag bei der OGM

Bei der OGM wurde ein seit Januar 2014 geltender IT-Vertrag mit der Stadt nicht vollzogen. Danach wäre der Kauf von I-Phones und Samsungs nicht erlaubt gewesen. „Hätte die OGM den Vertrag umgesetzt, hätte es den Vorgang nicht gegeben.“ Die Stadt habe aber nicht auf Umsetzung gepocht.

Die IT-Bestellung bei der OGM wurde vom Zentralen Einkauf auf die IT-Abteilung verlagert, Sicherheitsregeln aber nicht verstärkt. Die OGM verstieß laut Brandt gegen mehrere eigene interne Regeln, wie etwa dem Vier-Augen- und Funktionstrennungsprinzip: Die IT-Abteilung bestellte, kontrollierte die Richtigkeit des Wareneingangs und führte die Übersicht, wer welche Handys mit welchen Verträgen erhielt. Diese Inventar-Datenbank über Endgeräte, Verträge und Nutzer wurde von der IT-Abteilung der OGM aber seit 2011 nicht mehr weitergeführt. Deshalb wusste bei der Stadt bis zur Neuinventur 2015 niemand, wer welche Diensthandys nutzt. Zudem gibt es keine Dokumente über die Einkäufe beim Telekom-Einkaufsportal.

Die Rechnungen der OGM über Handys und IT-Service waren zudem mangelhaft bezeichnet – mit „Handybeschaffung“ oder „Abrg div. OGM+Bereiche“. So konnten städtische Amtsleiter als Empfänger von IT-Diensten der OGM keine echte Kontrolle durchführen.

Stadt kontrolliert Handy-Bestellung künftig selbst

Als Konsequenz aus dem Handybetrug hat die Stadt alle Mobilfunkverträge gekündigt, eine IT-Stabsstelle zur Übersicht über alle IT-Geräte/-Verträge eingerichtet und verfügt, den Handy-Kauf und den Abschluss von Mobilverträgen zu trennen. Die Waren auf den OGM-Rechnungen sollen zudem ausführliche Bezeichnungen erhalten.

Die mutmaßlichen Täter sind nach Ansicht von Wirtschaftsprüfer Jürgen C. Brandt „geschickt und klug vorgegangen“. Nur der IT-Abteilungsleiter hatte eigentlich das von der Telekom exklusiv gewährte Recht, das „Business Service Portal“ der Telekom zu nutzen. Er gab diese Rechte aber ordnungswidrig weiter an die beiden Sachbearbeiter. Diese bestellten von 2011 bis 2014 die i-Phones und Samsung-Galaxy-Handys, deren Preis dank mit ihnen gekoppelter teurer Zwei-Jahres-Mobilfunkverträge im Wert von 1500 Euro auf bis zu 69 Cent heruntersubventioniert waren. Die Bestellungen soll der Abteilungsleiter gegengezeichnet haben. Auf anderen Listen seien die 69-Cent-Beträge angesichts von hunderte Seiten umfassenden Bestellungen/Rechnungen nicht aufgefallen.

Die Sachbearbeiter stuften dann die Mobilfunkverträge in zwei Schritten auf 1,95 Euro Monatsgebühr übers Telekom-Portal herunter. Die entsprechenden Telekomrechnungen wurden gleichmäßig zu Lasten der Stadt und OGM verteilt, damit sie nicht auffielen. Die in relativ kleinen Paketen zu zehn oder 20 Stück gelieferten Handys konnten laut Brandt der OGM-Poststelle nicht auffallen, da diese nicht die Aufgabe hat, angelieferte Pakete zu öffnen und die Waren zu kontrollieren.