Oberhausen. . Das Forschungsinstitut Fraunhofer Umsicht in Oberhausen meldet rund zehn Patente im Jahr an. Manuela Rettweiler wacht über die Erfindungen.
Gäbe es die Fraunhofer-Gesellschaft nicht, würden wir unsere Musik vielleicht immer noch hauptsächlich über CDs hören. Wir könnten unsere Lieblingslieder nicht praktisch als Datei abspeichern, sondern müssten für die mobile Musik haufenweise Datenträger mit uns rumschleppen. Warum? Das mittlerweile weltweit gängige MP3-Format, beziehungsweise das Verfahren zur Datenumwandlung, ist eine Erfindung der Fraunhofer-Gesellschaft, zu der auch das Oberhausener Forschungsinstitut Umsicht gehört.
66 Institute unter dem Fraunhofer-Dach gibt es in Deutschland. Die MP3-Erfindung haben zwar Kollegen in Erlangen gemacht, „aber es zeigt das große Potenzial, das auch in unserer Forschung steckt“, sagt Manuela Rettweiler. Die 47-Jährige ist Beauftragte für Schutzrechte bei Fraunhofer Umsicht. Sie ist damit auch dafür zuständig, Patente anzumelden, wenn ein Kollege wichtige Entdeckungen macht oder neue technische Verfahren entwickelt.
Von der Anglistin zur Beauftragten für Schutzrechte
Manuela Rettweiler ist i n Oberhausen geboren und aufgewachsen. Sie stammt aus Holten, wohnt mittlerweile im Schlad-Viertel. Den Norden mag sie weiterhin sehr gern, samstags ist sie oft auf dem Sterkrader Markt.
Zur Schutzrechtsbeauftragten wurde sie über Umwege. Die 47-Jährige hat Anglistik, Amerikanistik und Skandinavistik studiert. Bei Umsicht hat sie im Marketing angefangen. Der Bereich Schutzrechte kam peu à peu dazu.
94 „lebende“, also noch nicht abgelaufene oder aufgegebene Umsicht-Patente gibt es derzeit. Da gibt es beispielsweise eine spezielle Sicherheitsschaltung für LED-Lampen oder das Kühlmedium Cryosol, das sich das Oberhausener Institut als Marke hat schützen lassen. Oder das Dichtungsmaterial Q-TE-C: Kleine Gelkügelchen, die Flüssigkeiten aufnehmen, aufquellen und so zum Beispiel die Schnittstellen zwischen Rohren abdichten.
Durchschnittlich zehn Erfindungen gibt es bei Umsicht pro Jahr. Die Aufgaben von Manuela Rettweiler: Sie prüft den bestehenden Markt – vielleicht gibt es ähnliche Produkte bereits. Nach der Prüfung und dem Okay der Institutsleitung veranlasst sie beim Patentamt in München die Anmeldung. „Es passiert relativ häufig, dass die Prüfer den Vorschlag erst einmal ablehnen“, sagt sie. Dann müsse sie diskutieren und das Patentamt von der Idee überzeugen.
Wie wird man Erfinder?
Auch den finanziellen Aspekt hat sie im Blick. Lohnt sich eine Patent-Anmeldung überhaupt? Das Verfahren kostet nämlich Geld: Mit 4000 bis 5000 Euro schlägt die Anmeldung zu Buche, bis zur Erteilung des Patents können es 7000 bis 8000 Euro werden.
Dem gegenüber stehen die möglichen Erlöse, die man mit einem Patent verdienen kann. Bei einem Verkauf können Beträge im sechsstelligen Bereich rausspringen. Vergibt man Lizenzen an einem Patent, fließen zwar kleinere Beträge, diese dafür aber regelmäßig.
Wie wird man eigentlich Erfinder? „Bei uns passiert das zum größten Teil zufällig“, sagt Manuela Rettweiler, „während die Kollegen eigentlich an anderen Dingen arbeiten. Technische Verfahren werden auch mal aus der Not geboren: „Wenn Mitarbeitern ein passendes Verfahren fehlt, entwickeln sie halt ein eigenes.“ In anderen Bereichen gehe man dagegen gezielt vor: „Wir schauen uns die Märkte an und überlegen, wo es Potenzial gibt“, erklärt Rettweiler. Oder Unternehmen treten an die Oberhausener heran und beauftragen sie, bestimmte Produkte zu entwickeln. „Oft müssen wir danach Stillschweigen bewahren, weil wir uns zur Geheimhaltung verpflichtet haben.“
Fraunhofer-Technik steckt also in viel mehr Produkten als auf dem ersten Blick ersichtlich. Nicht nur im MP3-Player.