Oberhausen. Seit 14 Jahren ist das alte Lyzeum im Marienviertel in Oberhausen ungenutzt. Zahlreiche Ideen scheitern, das Gebäude verfällt. Nun ist ein neuer Eigentümer am Start.

Es ist die 14-jährige Geschichte ei­nes Leerstands. Seit 2001 ist das ehemalige Lyzeum, das spätere Elsa-Brändström-Gymnasium an der gleichnamigen Straße im Marienviertel, ungenutzt. Nun will der Münsterländer Markus Deitermann das Gebäude von 1892 sanieren und so umbauen, dass darin 23 Eigentumswohnungen entstehen können. Rund fünf Millionen Euro sollen investiert werden.

Positiv wird das in der Stadt aufgenommen, doch man ist skeptisch. Denn bis heute hat sich eine Idee nach der anderen für das frühere Schulgebäude zerschlagen. Dabei steht der historische Teil des gründerzeitlichen Gebäudes wegen seiner städtebaulichen Be­deutung unter Denkmalschutz.

Hoffnungsvoller Start 2001

Alles hatte im August 2001 hoffnungsvoll begonnen. Das zuletzt als Sozialamt genutzte Gebäude war fast leergezogen, als die Stadt mit der Essener Squid AG einen Käufer präsentierte. Modernste biomagnetische Diagnoseverfahren für die Medizin sollten hier ab Anfang 2002 entwickelt und vermarktet werden. Eine wieder standesgemäße Nutzung, nachdem die frühere Höhere Mädchenschule zwischenzeitlich nur noch als Polizeikaserne und als Depot für das Rote Kreuz gedient hatte.

Tatsächlich setzten im Januar 2002 auch Umbauarbeiten ein. Dann kam überraschend im Herbst 2002 die Nachricht, dass das viel gerühmte Medizinforschungsunternehmen Insolvenz angemeldet hatte. Im Vertrauen auf Fördermittel des Landes NRW hatte die Firma das Gebäude gekauft und den Umbau in Angriff genommen. Die Mittel flossen dann nicht.

Im März 2005 stand das Gebäude wieder zum Verkauf. Eine künftige Nutzung als Seniorenzentrum oder für gehobenes Wohnen war im Gespräch. Der Fassadenanstrich wurde noch vollendet. Dann erzwangen die Banken im Dezember 2005 die Zwangsversteigerung. Ein Investor aus Hilden erwarb die alte Schule für 1,35 Millionen Eu­ro, wollte sie für Betreutes Wohnen herrichten.

Im Juni 2008 war wieder mal vom alten Lyzeum an der Elsa-Brändström-Straße die Rede. Diesmal wollte darin ein Investor aus Süddeutschland ein Pflegeheim einrichten. Genau ein Jahr später berichtete diese Zeitung, der Plan sei „gedanklich vom Tisch“. Nunmehr plane sein holländischer Ei­gentümer darin seniorengerechte Wohnungen, hieß es. Auch daraus wurde nichts.

Prominent besetzte Initiative

Inzwischen gab es Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen der Vermüllung und Verwahrlosung des Lyzeum-Geländes. Im März 2010 formierte sich eine prominent besetzte Bürgerinitiative. Kabarettistin Gerburg Jahnke, Denkmalschützer Professor Roland Günter und Theater-Intendant Peter Carp forderten das Rathaus auf, selbst tätig zu werden und den Erhalt des Gebäudes notfalls mit behördlichen Auflagen zu sichern oder es zurück zu erwerben. Ihre Idee war, darin Kulturschaffenden im weitesten Sinne Raum zu geben.

Investor hält die Öffentlichkeit vier Jahre lang hin 

Während sich Anwohner des Marienviertels in der Bürgerinitiative stark machten, trat 2010 mit der „Ü.D.G Development Gesellschaft mbH“ aus Kamp-Lintfort ein neuer Besitzer des Lyzeums auf. Ein po­tenzieller Mieter, die Werbeagentur Bassier, Bergmann & Kindler, lieferte sich einen öffentlichen Schlagabtausch mit ihr um angeblich überhöhte Miet­vorstel­lungen und gebrochene Zusagen. Gerüchte schossen ins Kraut. Ziel sei, die Denkmaleigenschaft zu verlieren, um abreißen und neu bauen zu können. Auch einen Weiterverkauf schloss die Ü.D.G nicht aus.

Zwischenzeitlich zog die LBS mit ihrem Kundencenter in einen weißen Anbau des Lyzeums.

Im Februar 2011 beklagte sich ein irischer Investor, mit der Ü.D.G nicht zurecht zu kommen. Dabei ging es wieder um Pflegeplätze. Die Ü.D.G aber gab damals Ei­gentums­wohnungen den Vorzug. Ü.D.G-Chef Lulzim Memeti wollte mehrere Millionen investieren, hielt die Öffentlichkeit damit bis ins Frühjahr 2014 hin. Und damit geriet die Zukunft des Lyzeums in den Kommunalwahlkampf. „Wie lange schaut die Stadt dem Verfall noch zu?“, fragte die Bürgerinitiative damals die Politiker. „Die Stadt muss wieder ans Ruder“, antwortete Stephan Bramorski (SPD). Seine Idee: „Statt Luxuswohn-Fantasien brauchen wir ein ,Wohnen für alle-Konzept’.“ Unterdessen zersplitterten vor Ort die letzten Fenster, musste der Bau vernagelt werden.

Rathaus hat einen Plan B fürs Denkmal in petto 

Aus der Bürgerinitiative kam der Vorschlag, die Oberhausener Gebäudemanagement GmbH (OGM) könne diese Problemimmobilie erwerben. Dafür gaben nach der Wahl der Rat der Stadt und der OGM-Aufsichtsrat grünes Licht. 1,5 Millionen Euro Kredit wurden bewilligt. Die CDU-Opposition hielt den Rückkauf für überteuert, vermisste ein Nutzungskonzept.

OGM-Chef Hartmut Schmidt aber versprach den Anwohnern genau dazu, ein „offe­nes und transparentes Verfahren“. Allerdings wurde das Gebäude Ende 2014 nicht von der OGM erworben, sondern von der Delou-Beteiligungsgesellschaft. Deren Chef Markus Deitermann ist in der vorigen Woche erstmals mit seinem Vorhaben an die Öffentlichkeit gegangen, das Lyzeum für Eigentumswohnungen umzubauen.

Doch die Erfahrung der vergangenen Jahre macht im Rathaus vorsichtig. Während die Gespräche mit Deitermann und seinem Projektentwickler als positiv beschrieben werden, hält man sich einen Plan B bereit. Sollte es auch mit ihm nicht klappen, will das Rathaus auf den Flächenpool NRW zurückgreifen. Dahinter steckt ein moderiertes Verfahren, bei dem die beiden Landesgesellschaften NRW-Urban GmbH und Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft das Heft in die Hand nehmen und einen neuen Investor suchen würden. Für sechs andere Oberhausener Problemfelder sollen sie dies laut Ratsbeschluss auch tun. Nach Angaben der Stadt ist im August eine Konsensvereinbarung mit dem Flächenpool vorgesehen.