Oberhausen. Zu den von Gustav Sallisch gehegten Exoten zählen auch Baumfarne, Bananen und Kiwis. Temperaturfühler melden, wenn den Palmen Frost-Gefahr droht.
Inmitten der Palmenpracht, hinter sich eine viereinhalb Meter hoch aufragende Bananenstaude, klingt der Satz von Gustav Sallisch wie das Understatement des Jahres: „Bis vor acht Jahren war das ein normaler deutscher Hausgarten mit vielen Obstbäumen.“ Doch mit 69 Jahren packte den Ruheständler die Begeisterung für Größe und Exotik.
Hinter einem unauffälligen Haus in Dümpten wird’s an diesem frischen Vormittag gleich gefüllte zehn Grad wärmer, sobald man das Gartentörchen durchschreitet: Auf 800 Quadratmetern Fläche nimmt zunächst ein von prächtig blühenden Büschen umstellter Brunnen den Blick gefangen. Den australischen Baumfarn – „den einzigen winterfesten“, wie Gustav Sallisch betont – hätte man da schon fast übersehen Dabei krönen den gerade zwei der fotogensten Kunstwerke der Natur: Frische Farnwedel, noch eingerollt – „wie ein Bischofsstab“, meint der strahlende Gärtner.
Auch interessant
Angefangen hatte der Garten mit Schönheiten von Mexiko (der robusten Yucca rostrata) bis Neuseeland (ja, die Eheleute Sallisch ernten ihre eigenen kleinen, aber umso köstlicheren Kiwis) mit einem Pälmchen aus dem Supermarkt. Trachycarpus fortunei, die Chinesische Hanfpalme mag an Tessiner und lombardischen Alpenseen bereits als allzu zudringliche Baum-Invasion bekämpft werden: Im vergleichsweise hohen Norden von Dümpten am 51. Breitengrad werden die Fünf-Meter-Gewächse mit gehörigem Aufwand umsorgt.
Auch im Boden bestens ausgestattet
Wenn unter den Fächerkronen die imposanten Blütenstände – „sie hängen voll wie Weintrauben“, so beschreibt’s Gustav Sallisch – ihre fleischigen Blüten entfalten, dann muss der Gärtner beim Bestäuben nachhelfen: Denn die beiden männlichen Palmen stehen nebeneinander vorne im Garten, die beiden weiblichen viel weiter hinten. „Soweit trägt der Wind leider nicht.“
Doch die größte Mühe angesichts der Dümptener Palmen gilt natürlich dem Frostschutz: Einzelne eisige Nächte verkraftet „Fortunei“, sogar zweistellige Frostgrade. Dennoch hat Gustav Sallisch für härtere Winter ausgeklügelt vorgesorgt: Sein Garten ist nämlich auch unterirdisch bestens ausgestattet – zum einen mit einer Wasser-Pipeline, zum anderen mit Leerrohren, darin Klingeldraht: An die größten seiner tropischen Gewächse hat er Temperaturfühler angelegt. Kleine Sender funken die Informationen aus dem Gartenhaus. „Ich beobachte das Wetter und reagiere sofort.“
Luft gegen die Schimmelbildung
Online-Tipps für den Winterschutz
Gustav Sallisch weiß: „Meine Seite ‘Winterschutz’ ist sehr gefragt.“ Das Wissen um die Pflege großer Palmen, zumal in nördlicheren Breitengraden, teilt er gerne mit der Web-Gemeinde. Für Liebhaber exotischer Gärten bietet die Webseite palmen-in-duempten.npage.de in der Tat Fotos und Tipps in tropischer Fülle: von Bestandslisten der Palmen und Agaven, der Farne, Feigen und Bananen bis zum „Verdrahtungsplan“ für jene Palmenüberwachung, die vom Garten das pflanzliche Befinden in die Wohnung funkt.
Dem Entstehen der „Winterquartiere“ für die bis zu fünf Meter hohen Palmen kann die Web-Gemeinde in Fotostrecken Schritt für Schritt zusehen. Gustav Sallisch hat einige Varianten entwickelt: von der kreisrunden Folien-Haube bis zum passgenauen Palmenhaus aus Styroporplatten im Holzrahmen.
Im gärtnerischen Austausch hat sich der 77-Jährige im Web einen „Bekanntenkreis von Südafrika bis Thailand“ erschlossen. Und die Eheleute Sallisch, die sonst kaum verreisen, entdeckten einen tropischen Traumgarten in erreichbarer Nähe: Auch die Pracht von „Fort den Haak“ im niederländischen Vrouwenpolder, Provinz Zeeland, lässt sich per Link von den „Palmen in Dümpten“ aus erkunden.
Und wenn’s tatsächlich knackig kalt wird, dann erhält jede große Palme (und die mächtige Bananenstaude) ihr Häuschen: Gegen den Frost isolieren Fünf-Zentimeter-Styroporplatten; eine handliche 500-Watt-Heizung mit Gebläse lässt die Luft zirkulieren und verhindert Schimmelbildung. Karin Sallisch allerdings wird’s bang, wenn ihr 77-jähriger Ehemann in fünf Meter Höhe arbeitet: „Da muss nächstes Jahr ein Gärtner ‘ran.“
Sie sorgte übrigens für die skulpturale Ausstattung des Gartens: Buddha-Figuren gibt’s mal als lachenden Mönch mit stattlichem Bauch, mal hoheitsvoll als mehrfach lebensgroße Büste des Prinzen Gautama. In die Heimatländer ihrer exotischen Pflanzen zieht es das Paar, das sich vor 67 Jahren in derselben Straße als Nachbarskinder kennengelernt hatte, überhaupt nicht. „Wir sind keine Urlaubsmenschen“, sagt Karin Sallisch. Wozu auch? Vom Mai, wenn sich das Blütenmeer der Rhododendren entfaltet, bis in milde Herbsttage müssen sie ja für eine Weltreise nur die Wendeltreppe von ihrer Terrasse hinunter steigen.