Oberhausen. Boxenstopp der Trinkhallentour Ruhr mischt den Kunst-und Musikgeschmack erfolgreich auf. Bläserquartett lotet das Potenzial der Bassklarinetten aus.
Anne Bude trifft man sich im Ruhrpott schon, doch Menschentrauben sieht man dort eigentlich nie. Und so traut der Busfahrer seinen Augen kaum, als er die Sterkrader Trinkhalle von Tulay Uz passiert, die gegenüber dem Johanniter-Klinikum an der Steinbrinkstraße direkt neben einer Steh-Pizzeria liegt. Er fährt ein bisschen langsamer und staunt Bauklötze über das, was dort los ist. Vier Bassklarinettisten der Gruppe „Die Verwechslung“ und „We are o. k.“, ein Performance-Duo, schlagen dort Kioskalarm am Mittwochabend. Das hat die vielen Zuschauer und sogar ein WDR-Fernsehteam angelockt, das live über die Aktion berichtet.
Spontaneität ist Trumpf: „Wir wissen noch nicht, was die beiden machen werden und ich glaube, die wissen es selbst auch nicht“, stellt der Musiker Florian Walter Tina und Karl vor, die das Publikum mit einer Performance unterhalten wollen. So jedenfalls war es für den Oberhausener Boxenstopp der Trinkhallentour Ruhr angekündigt worden. Doch zunächst hat man den Eindruck, den beiden gehe es nur ums Tachsagen. „Ich heiße Tina“, „Ich heiße Karl“. Händedruck. Immer wieder. Sowas machen Oberhausener durchaus mit, nennen ihre Namen, sind freundlich, lachen und finden es witzig, dass die Vorstellungsrunde ungewöhnlich viel Zeit einnimmt.
Spontaneität ist Trumpf
Doch dann schlägt Karl Kioskalarm am Chaosboard und viele halten sich die Ohren zu. Tina hingegen animiert Zuschauer dazu, mit einer Knackfolie Geräusche zu produzieren. Anschließend fordert sie eine Zuschauerin zu einer Art Malaktion mit Armdrücken und einem am Klebeband hängenden Edding heraus. „So kämpfen Amazonen heute“, sagt eine Zuschauerin. „Mal ganz ehrlich, gefällt Ihnen was wir machen?“, will Karl wissen. „Ist das Kunst?“ Antwort: „Nee, mach’ weiter Mann, alles gut. Ist ‘ne Erfahrung!“ Beifall fürs Duo und nun sind die Bassklarinettisten endlich dran.
„Wie jedes Konzert beginnen wir mit der Ouvertüre aus Stahl.“ – „Klingt ein bisschen King Crimson durch“, findet jemand. Weiter geht’s mit Liedern, die das Leben befiehlt: „Kabelklau in Styrum“, „Der schnelle Weg zum Hit“ oder „Bergfest vorbei“ heißen die Stücke, die, obwohl zuweilen schrill und schräg, doch eine gewisse Struktur mit Wiedererkennungseffekten aufweisen. Jedenfalls loten die Jungs das ganze Potenzial ihrer Instrumente aus, die auch als Rhythmusgeber eingesetzt werden. Klingt mitreißend, macht gute Laune. Am Ende spielen sie „Stille Post“ und bedanken sich bei den Zuhörern fürs Bleiben. „Man kann sich dran gewöhnen“, kommentiert jemand den Hörgenuss. Und das ist ja schon ein großes Lob für Leute, die in Schlagerhauptstadt Oberhausen den Musikgeschmack ihrer Zuhörer aufmischen wollen.