Oberhausen. Klarer Vorschlag von Burkhard Drescher: „Reißt die Buden ab!“ Wie gewinnt eine Stadt Profil? Durch mutige Entscheidungsträger. Dafür gab’s Beifall.
Ein zukunftsträchtiges, durchdachtes Projekt, für das die Entscheidungsträger mutig einstehen und unverdrossen Überzeugungsarbeit beim Bürger leisten – dies braucht es nach Ansicht des ehemaligen Oberbürgermeisters Burkhard Drescher, um einer Stadt Profil zu geben.
Der Beifall der Gäste beim Talk „Postos Bahnhof“, zu dem Wahlkämpfer Apostolos Tsalastras am Montagabend auch Dreschers Vorgänger im Amt, Alt-OB Friedhelm van den Mond, eingeladen hatte, war überdeutlich – ein unmissverständliches Zeichen dafür, was viele in Oberhausen vermissen: ein Zukunftsthema und starke Entscheidungsträger, die bei Gegenwind nicht das Flattern kriegen. Das Tandem van den Mond/Drescher (er war bis 1997 Oberstadtdirektor) hat bei der Neuen Mitte bewiesen, dass so was tatsächlich möglich ist.
Deutlich engere Kooperation
Für seinen Parteifreund Tsalastras, der bei seiner Werbetour durch die Stadt ein atemberaubendes Tempo vorlegt, brachte Drescher auch gleich ein solches Thema mit: der klimagerechte Stadtumbau zum Nutzen von Bürgern und Wirtschaft. Drescher ist seit 2011 Geschäftsführer von Innovation City in der Nachbarstadt Bottrop, wo genau das angepackt wird, wo Stadt, Bürger, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft bislang über 200 Einzelprojekte auf den Weg brachten und wofür sich sogar Spitzenvertreter aus China interessieren.
Auch wenn Oberhausen – im Gegensatz zu Bottrop – keine Fachhochschule hat, so hat es doch das Fraunhofer-Institut Umsicht. Und das möchte in Kooperation mit der stadteigenen VZO auf dem Dach des geplanten Büroneubaus am Altmarkt ein großes Gewächshaus integrieren. Für weitere Projekte – auch mit Innovation City – zeigte sich Tsalastras ebenfalls aufgeschlossen. Ebenso dafür, dass die Städte des Kern-Ruhrgebiets deutlich enger kooperieren sollten.
Abbau von Arbeitsplätzen
Ein Vorschlag, den Friedhelm van den Mond ins Spiel brachte. Der erfahrene Alt-OB war es auch, der glasklar analysierte, zu welchen gesellschaftlichen Veränderungen und Verwerfungen der Strukturwandel führte, den Oberhausen zwischen 1960 und 1990 zu bewältigen hatte: 35 000 Jobs in Bergbau und Stahlindustrie gingen verloren, die Arbeitslosenzahlen stiegen, ebenso die Ausgaben der Stadt für Sozialeistungen. Freimütig gestand van den Mond, dass Sozialdemokraten und Gewerkschaften damals nicht schnell genug die Zeichen der Zeit erkannt hatten, zu lange für den Erhalt von Jobs in Branchen kämpften, die letztlich keine Chance hatten. „Dadurch haben wir vielleicht ein paar Jahre verloren“, konstatierte der Sozialdemokrat.
Optimismus und Aufbruchstimmung zu verbreiten, das gelang Ende der 1980er Jahre, als die kanadische Investment-Gesellschaft Triple Five auf dem von Thyssen bereits weitgehend stillgelegten Industrieareal ein gigantisches Freizeit- und Einkaufszentrum errichten wollte. Diese Pläne wurden zwar nicht verwirklicht, aber englische Investoren bauten nur wenige Jahre später das Centro und damit einen wahren Kaufkraft-Magneten.
Einig waren sich die drei Protagonisten des Abends, dass die Entwicklung des ehemaligen Stahlwerksgeländes gleich gegenüber bislang nur wenig Anlass zur Freude gibt. „Discounter, Teppichhalle und Spielhalle an dieser Stelle, das treibt einem die Tränen in die Augen“, meinte Drescher. Die Fehlansiedlungen wieder rückgängig zu machen, ist wohl nicht möglich. Anders verhält es sich auf einer weiteren ehemaligen Industrie-Immobilie: die Babcock-Fläche an der Duisburger Straße. Drescher hat für den britischen Eigentümer einen klaren Vorschlag: „Reißt die Buden ab!“