Oberhausen. Khadija Meddah wurde mit 16 Jahren zwangsverheiratet. Als ihr Mann sie schlug, flüchtete sie. Die Mitarbeiter des Oberhausener Frauenhauses halfen ihr, sich ein eigenes Leben aufzubauen.
Khadija Meddah wurde in einer kleinen Stadt am Meer in Marokko geboren – die spanische Küste in Sichtweite. Mit 16 Jahren wurde sie zwangsverheiratet. Weil ihr Mann sie schlug, flüchtete sie mit ihren beiden kleinen Töchtern ins Frauenhaus. Heute lebt sie in Oberhausen.
Mit zwei älteren Brüdern und einer jüngeren Schwester wuchs Khadija in Ahfir auf. Die Schule besuchte sie bis zur achten Klasse. Die Großmutter ihres späteren Mannes lebte im selben Ort wie ihre Familie. „Sie sah mich auf der Straße und folgte mir, um herauszufinden, wo ich wohne“, erinnert sich die 26-Jährige. Ein paar Tage später tauchten dann die Familienangehörigen auf. „Sie sprachen mit meinen Eltern und die willigten in die Heirat ein.“
Khadija wurde nicht gefragt
Khadija selbst hatte niemand gefragt. „So ist es bis heute Sitte in meiner Heimat“, sagt Khadija. Die Liebe, hätten ihr ihre Eltern erzählt, würde von ganz alleine kommen. „Bei ihnen ist es ja auch so gewesen.“ Gerade 16 Jahre alt zog sie zu ihrem 30-jährigen Mann nach Duisburg. „Er lebte und arbeitete dort.“ Sprachkenntnisse hatte Khadija keine. Aber zum Glück, meint die junge Frau, war sie als Ausländerin dazu verpflichtet, einen Deutschkurs zu besuchen.
Zwei Jahre lang habe sie gehofft, dass sich so etwas wie Zuneigung zwischen ihr und ihrem Mann entwickeln würde. „Ich gab mir große Mühe, aber es kam nie etwas zurück.“ Dann wurde ihre erste Tochter geboren. „Die Liebe zu diesem Kind war alles für mich.“ Hausfrau und Mutter zu sein, mit dieser Rolle fand sie sich ab.
Gewalt in der Zwangsehe
Nach der Geburt der Tochter aber, sagt Khadija, verschlechterte sich auch die eh nie gute Beziehung zu ihrem Mann. „Wir hatten häufiger Streit und irgendwann gab er mir die erste Ohrfeige.“ Mit 20 Jahren brachte sie ihre zweite Tochter zur Welt.
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„Das Verhalten meines Mannes wurde schlimmer, die Schläge massiver.“ Nachdem sie ihr drittes Kind durch eine Fehlgeburt verloren hatte, stand für sie fest: „Ich will weg.“ Sie vertraute sich ihrer Schwägerin an, die ihre Eltern einschaltete. Zeitgleich nahm Khadija über eine Nachbarin Kontakt zu ihrer ehemaligen Deutschkurs-Betreuerin auf. „Sie gab mir die Adresse des Oberhausener Frauenhauses.“
Ihre Eltern aber hätten noch einmal das Gespräch mit ihrem Mann gesucht. „Sie hofften, dass sich alles einrenkt.“ Ihr Vater sei in der Folge häufig zu Besuch gekommen. „Dabei erlebte er, wie mein Mann mit mir umging.“ Eines Tages habe der Vater zu ihr gesagt: „Kind, du musst unbedingt hier raus.“ Er rief ihre Brüder zu Hilfe – es kam zur großen Aussprache. Und endlich – Khadijas Mann ließ sie gehen.
Der Schritt in ein neues Leben
Der Schritt in ein neues Leben begann für sie im Oberhausener Frauenhaus. „Khadija war schwer misshandelt worden, körperlich und seelisch am Ende“, weiß Suna Tanis-Huxohl (Leiterin des Frauenhauses) noch zu gut. Sieben Monate dauerte es, bis die Fachkräfte die junge Frau wieder halbwegs stabilisiert hatten.
Heute lebt Khadija mit ihren Töchtern in einer eigenen Wohnung in Oberhausen. Bei der Kurbel nimmt sie an einer einjährigen Maßnahme zur Gesundheits-Mediatorin teil. Danach will sie zurück auf die Schulbank und eine Ausbildung machen. Ihr Blick ist fest und offen. „Ich bin stolz auf mich“, sagt sie selbstbewusst. Sie hat ihr Leben in die eigenen Hände genommen. Die Zukunft gehört ihr und ihren Mädchen. Khadija hat sich ihre Würde zurückerkämpft.