Oberhausen. Wolfgang Beltracchi arbeitet weiterhin im Stil berühmter Künstler, mit eigener Unterschrift. Den Nervenkitzel vermisst er. „Der Kick ist weg“.

Jahrzehnte lang führte er die Kunstwelt hinters Licht und verdiente Millionen. Als die Sache aufflog, musste er ins Gefängnis. Jetzt, nachdem Wolfgang Beltracchi seine Strafe verbüßt hat, malt er immer noch im Stil großer, berühmter Künstler, allerdings ohne deren Unterschrift unter die Bilder zu setzen. „Ich kann das halt, ich weiß nicht warum“, sagte er im Gasometer-Talk vor großem Publikum. Allerdings gab er zu, dass er den Nervenkitzel des Betrügens durchaus vermisse. „Der Kick ist weg. Jetzt muss ich seriös arbeiten.“

„Provokante Fragen“ hatte sich Moderator Matthias Kreidel ausgedacht, um den Meisterfälscher und seine Ehefrau Helene mit Pater Dr. Philipp Reichling ins Gespräch zu bringen. „Sie haben im Handwerklichen die Experten genarrt und die Bilder gemalt, die die Künstler hätten malen müssen“, beschrieb Kreidel Beltracchis Taten. Pater Reichling nannte sie „Vergehen, Verunsicherung, Provokation“. „Wer Vertrauen in die Kunst setzt“, konterte Beltracchi, „der muss verrückt sein. Wer glaubt noch ans Original?“

Provokante Fragen an Wolfgang Beltracchi

So lieben sie ihn, seine Fans: „Wenn ich der Richter gewesen wäre, wäre das Urteil milder ausgefallen“, sagte jemand und erkundigte sich, ob Beltracchi heute noch alle seine Bilder erkennen würde, die er in Umlauf brachte. Antwort: „Natürlich, ich habe sie ja gemalt.“

„Sie sind ein ordentlicher Handwerker. Dafür treten Sie sehr selbstsicher auf.“ Pater Reichling machte keinen Hehl daraus, dass Beltracchi seiner Meinung nach fehlt, was einen großen Künstler ausmacht: der Drang, etwas Neues zu kreieren. „Jedes Werk, das ich geschaffen habe, ist natürlich ein Kunstwerk. Die Bilder sind meine Kinder. Ich weiß, wie gut ich bin“, sagte Beltracchi. „Ich glaube, dass heute viel Kunst aus Unvermögen heraus entsteht.“ Jungen Leuten, die erwägen, Kunst zu studieren, riet er unverblümt, „in sich zu gehen und zu prüfen, ob sie wirklich viel Talent haben“.

„Ich habe die Preise angehoben“

Pater Reichling stellte in Frage, dass jemand, der sich in Werke anderer einarbeite und deren Handschrift übernehme, sich selbst überhaupt künstlerisch entwickeln könne. Beltracchi: „Das ist eine Gabe. Ich kann jeden malen.“ Neulich in München habe er Bilder verschiedener Maler betrachtet, die zur gleichen Zeit entstanden sind und überlegt: „Wie wär’ das gewesen, wenn die alle zusammen ein Bild gemalt hätten?“

Moderator Kreidel erwähnte, dass Kritiker Beltracchi vorwerfen, er habe den Ruf verschiedener Künstler geschädigt. „Ich habe die Preise angehoben“, antwortete Beltracchi. Dass er so lange erfolgreich fälschte, habe funktioniert, weil er sich auf Kunstwerke beschränkte, die vor 1945 entstanden sind. „Danach wurde alles dokumentiert.“

Kunstfälscher gibt Autogramme an die Fans

Während seine Frau Helene nicht nur den Kunstmarkt, sondern auch die Kunstpräsentation „in gefängnisartigen Bauwerken“ (Museen) kritisierte, meinte Wolfgang Beltracchi: „Bilder muss man nicht immer erklären, nur anschauen.“ Und: „Das eigentliche Kunstwerk ist doch das Leben.“

Am Ende der Veranstaltung gab’s Autogramme für die Fans und die Möglichkeit, die Ausstellung „Der schöne Schein“ anzusehen. Die kommentierte Beltracchi so: „Die großen Reproduktionen der Bilder sind ja in gewisser Weise auch schon wieder Originale.“