Oberhausen. . Vor 50 Jahren nahm der Verein Alsbachtal seine Arbeit auf. Anfangs waren 20 Eltern an Bord. Wir blicken auf die Anfänge zurück.

Menschen mit einem Handicap im Alltag unterstützen, ihnen eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und sie auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung begleiten – seit 50 Jahren ist das nun schon Aufgabe der Mitarbeiter der Einrichtung „Alsbachtal – Leben mit Behinderung – Verein für körper- und mehrfachbehinderte Menschen“ im Oberhausener Norden. Grund genug, um anlässlich des diesjährigen Jubiläums, auf den Anfang und Entwicklungen des Vereins während eines halben Jahrhunderts zurückzublicken.

„Bevor der Verein 1965 gegründet wurde, gab es keine vergleichbare Einrichtung oder Anlaufstelle für Eltern, die ein behindertes Kind haben. Wir waren auf uns selbst gestellt, was Therapie- und Fördermöglichkeiten angeht“, erzählt Walter Antrag, stellvertretender Vorsitzender des Behindertenzentrums Alsbachtal und Vater eines körperlich beeinträchtigten Sohnes. Vereinsmitgründer Dr. Theo Küppers stellte den Eltern, die über Kinderärzte zusammengefunden haben, zunächst Firmenräumlichkeiten zur Verfügung, um sich auszutauschen. „Als wir dann das Angebot der Stadt bekamen, das Grundstück am Alsbachtal zu erwerben, stand der Entschluss fest, dort hinzuziehen“, so Antrag. Die Geburtsstunde des Elternvereins als gemeinnütziger Verein für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte.

Zum Team gehörten anfangs lediglich 20 Eltern: „Damals haben sie alle anstehenden Aufgaben übernommen, vom Kochen bis hin zur Organisation der Freizeiten und Busse – das ist heute gar nicht mehr möglich“, erzählt der stellvertretende Vorsitzende. Besonders gerne erinnert sich Antrag an die Sommerfeste, Karnevalsveranstaltungen oder Vereinsfreizeiten: „Mit zehn Bussen 1300 Kilometer bis in die Steiermark zu fahren und das in nur einem Tag – einfach unvergesslich.“ Antrag berichtet allerdings auch von einem oft schwierigen Weg, der anfangs zu bestreiten war: „Wir haben es uns beispielsweise erkämpft, überhaupt interdisziplinär zu arbeiten und eine orthopädische Sprechstunde anzubieten, die gemeinsam mit einem Therapeut, Sanitätshelfer und den Eltern stattfindet.“ Auch die Organisation der Inklusionsfahrten sei nicht immer einfach gewesen, gab es früher kaum Unterkünfte, die für Rollstuhlfahrer barrierefrei zugänglich waren.

"Die Behinderung ist ein Teil von mir"

Doch im Laufe der Jahre ist der Verein gewachsen und vieles hat sich verändert: Die Eröffnung der Kurzzeitpflege mit sieben Plätzen sowie der Frühförderstelle, der Umbau des Sonderkindergartens in eine integrative Kindertagesstätte oder der Bau des inklusiven Wohnprojektes am Mattlerbusch. „Das wahrscheinlich größte Projekt war allerdings die Wohnstätte, die 2001 gebaut wurde. Seitdem wird dort 20 Menschen trotz ihrer Behinderung ein würdiges Zuhause geboten“, erzählt Geschäftsführer Josef Wörmann.

Nicht nur Name des Vereins, auch das Symbol wurde neu und bunter gestaltet: „Obwohl der Blume drei Blätter fehlen, strahlt sie. Die Behinderung ist ein Teil von mir und jeder Mensch hat eine einzigartige Persönlichkeit, unabhängig seines Leistungsvermögens oder seiner Beeinträchtigungen.“ Winfried-Hans Schmidt, Vorsitzender des Vereins, ergänzt: „Früher konnte man sich mit seinem behinderten Kind nicht auf der Straße zeigen, man hat sich versteckt. Heute gibt es zwar immer noch Vorurteile, aber man wird zumindest nicht mehr schief angeguckt.“

Mittlerweile zählen 170 Mitarbeiter und 450 ehrenamtliche Mitglieder zum Verein: „Viele der Kinder und Erwachsenen haben eine schwerstmehrfache Behinderung. Da ist eine professionelle Dienstleistung, die auf unserer Klientel zugeschnitten ist, enorm wichtig“, sagt Wörmann. Dazu zählt beispielsweise eine Samstagsbetreuung, eine Begleitung von der Geburt bis zur Einschulung und bei Freizeitaktivitäten oder der Schulfahrdienst. Wörmann: „Dadurch, dass wir selbst ein behindertes Kind haben, kennen wir die Probleme und Bedürfnisse der Eltern – das macht den Zusammenhalt des Vereins aus.“