Oberhausen. . Die Frau mit Behinderung hat den Sprung trotz einiger Schicksalsschläge aus der Arbeitslosigkeit geschafft. Das Bistro Jederman ist ihr Sprungbrett.

Die langen Haare, die wünscht sie sich nun doch zurück. Doch ansonsten gefällt Stefanie Becker ihr neues Leben sehr, sehr gut. Heute ist sie etwas kränklich, eine Erkältung ist wohl im Anmarsch. Doch davon lässt sich die 35-Jährige nicht die Laune vermiesen. Sie strahlt über das ganze Gesicht: Steffi hat’s geschafft.

Einige Osterfelder werden Stefanie Becker kennen, die Frau mit einer geistigen Behinderung und einer Gangunsicherheit bedient im Bistro Jederman auf dem Osterfelder Marktplatz dreimal in der Woche die Gäste, bringt ihnen Speisen und Getränke. Und das immer höflich und gut gelaunt. Das war nicht immer so.

Lange Zeit arbeitslos

Eine schwere Zeit liegt hinter ihr: Steffi war lange Zeit arbeitslos, fand keine richtige Motivation, verbrachte viel Zeit auf der Couch. Und dann wurde auch noch ihr Lebensgefährte so krank, dass er im November des vergangenen Jahres starb. Ein schwerer Schlag für die junge Frau. An die Worte des Abschieds, die sie in der Kirche an ihren verstorbenen Freund richtete, erinnern sich die Bistro-Chefin Sandra Arslan und Steffis Betreuerin von der Caritas, Tanja Callembach, noch genau. „Wir bekommen noch immer eine Gänsehaut, wenn wir daran denken“, sagen sie. Die Worte waren so treffend gewählt, dass sie direkt die Herzen der Gottesdienstbesucher trafen und viele Tränen hervorlockte.

Mitarbeiter mit und ohne Behinderung

Im Caritas-Bistro Jederman in Osterfeld arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Einige Mitarbeiter nehmen an einer Maßnahme des Landschaftsverbandes teil, um eine Alltagsstruktur zu bekommen. Einige Mitarbeiter werden in den ersten Arbeitsmarkt oder in Behinderten-Werkstätten vermittelt.

Doch statt sich hängen zu lassen, startete Steffi in ein neues Leben. Sie raffte sich auf und begann als Servicekraft im Bistro Jederman. Damals hatte sie ein paar Kilo mehr auf den Hüften, ihre Haare waren lang und etwas ungepflegt. Sandra Arslan ging mit ihrem Schützling zum Frisör, die Mähne wurde gestutzt. „Damals war das gut“, sagt Steffi. Aber jetzt fehlt ihr die Mähne, die sie wieder wachsen lassen möchte. Die Haare wäscht sie sich jetzt häufiger. Sie hat gelernt, dass eine Servicekraft in einem Bistro gepflegt aussehen sollte. Durch die viele Bewegung purzelten die Pfunde und statt Fast Food kommt jetzt gesundes Essen auf den Tisch. „Ich habe schon sechs Gerichte selbst gekocht“, sagt sie stolz. „Das Rezept für den Hackbraten habe ich aus dem Bistro Jederman von der Lisa“, sagt sie und strahlt wieder. Muss wohl lecker gewesen sein.

Mit dem neuen Job änderte sich Steffis Leben

Mit dem neuen Job änderte sich Steffis Leben überhaupt. Nicht nur, dass sie seit langem wieder einen geregelten Tagesablauf hatte und das Gefühl erlebte, gebraucht zu werden. Nach dem Tod ihres Lebensgefährten zog sie auch in eine eigene Wohnung mit ambulanter Betreuung. Jetzt ist die 35-Jährige so weit, dass sie einem Vollzeit-Job in der Behinderten-Werkstatt am Waldteich gewachsen ist. Dort wird sie ihr eigenes Geld verdienen, in die Rente einzahlen, noch selbstständiger sein. Das Bistro Jederman war ihr Sprungbrett.

Sandra Arslan wird Steffi vermissen, denn „sie ist in ihrer Art einfach einzigartig“. Aber auch Steffi wird der Abschied schwer fallen, obwohl sie sich sehr auf ihre neue Arbeit in der Werkstatt ab Juli freut. „Mir blutet auch das Herz“, sagt sie, „aber ich muss diesen Schritt machen.“ Und dann hat sie eine Idee: „Ich kann euch ja besuchen kommen!“