Oberhausen. . Nanne Driescher (72), pensionierte Grundschullehrerin, gibt ehrenamtlich Unterricht in einem Oberhausener Flüchtlingsheim: „Eine wunderschöne Arbeit“.

Ich lächle. Du lächelst. Er, sie, es lächelt. Schwere Sprache. Dennoch lächeln sie alle an diesem Donnerstagmorgen im Betreuungscontainer der Flüchtlingsunterkunft Weierstraße. Dabei ist den neun jungen Männern, die sich über den Tisch mit Arbeitsblättern beugen, sicher häufig nicht zum Lächeln zumute. Aber das lassen sie Außenstehende nicht merken.

Die meisten kommen aus Eritrea, haben Missachtung, Folter und Terror erlebt. „Das sind so besondere Menschen. Sie klagen nie, sind einfach dankbar, leben zu können“, sagt Nanne Driescher bewundernd über ihre Schüler und deren große Motivation, Deutsch zu lernen – um sich integrieren und arbeiten zu können. „Nach all diesen schrecklichen Ängsten, die sie hatten, fühlen sie sich hier aufgehoben.“ Zweimal die Woche je zwei Stunden übt die pensionierte Lehrerin mit ihren wissbegierigen Schülern Vokabeln, Satzbau und mehr. „Das ist eine wunderschöne Arbeit“, sagt sie. „Man bekommt so viel zurück.“

Vergrößert, verkleinert und viel „geschnibbelt“

Im Deutschlehren hat Nanne Driescher Erfahrung. Als Grundschullehrerin an der Tackenbergschule betreute sie von 1988 bis 1992 eine internationale Vorbereitungsklasse: „Kinder aus aller Welt, deren einzige Gemeinsamkeit darin bestand, kein Deutsch zu können“, erinnert sich die mittlerweile 72-jährige Pädagogin. Ihnen ein Grundwissen an Deutsch beizubringen, damit sie möglichst bald in einer Regelklasse zurechtkommen sollten, war eine Aufgabe, der sie sich mit Feuereifer gewidmet hat: „Das hat mir unendlich viel Freude gemacht.“

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Ein Deutschbuch, das sich für Kinder aller Muttersprachen geeignet hätte, hatte sie dafür nicht zur Verfügung: „Das war ja auch noch in der Vor-Computerzeit. Da konnte man sich nichts runterladen. Ich bin mit Tausenden von Büchern in Copyshops gegangen, hab vergrößert, verkleinert und geschnibbelt.“ Die Deutschmaterialien Marke Eigenbau leisteten gute Dienste – in den internationalen Vorbereitungsklassen sowie in der Sommerschule, in der jedes Jahr in den großen Ferien nach Oberhausen zugewanderte Kinder fit gemacht werden in Deutsch. Auch dort hat sich Nanne Driescher jahrelang engagiert. Und die von ihr entwickelten Materialien haben schon mancher Kollegin, manchem Kollegen weitergeholfen.

Das Vertrauender Schüler gewinnen

Seit knapp acht Jahren ist Nanne Driescher nun pensioniert. Und schon am letzten Tag der Sommerschule habe Dieter Kalthoff vom Kommunalen Integrationszentrum sie gefragt, ob sie sich vorstellen könne, künftig Erwachsene in Deutsch zu unterrichten. „Das konnte ich erst nicht, hatte ja nur Erfahrungen mit Kindern. Aber dann hab ich’s doch probiert.“

Offenkundig mit Erfolg, denn seither ist sie regelmäßig ehrenamtlich in der Flüchtlingsunterkunft im Einsatz. Zwei Sprachkurse für Erwachsene leitet sie derzeit. „Und sie macht viel viel mehr als das“, ergänzt Andrea Schreiber, die für Terre des Hommes die Flüchtlingsarbeit koordiniert, als Nanne Driescher kurz mit Organisation abgelenkt ist: „Die meisten unserer Eritreer sind sehr im Glauben verwurzelt. Da es aber derzeit nur in Köln eine eritreisch-orthodoxe Gemeinde gibt, ist Frau Driescher mit ihnen in ihrem Auto dorthin zur Messe gefahren. Zweimal – weil ja nur vier Leute in ihr Auto passen, aber acht so gerne zur Messe wollten...“

Solche Dinge seien es, durch die Nanne Driescher nach und nach das Vertrauen ihrer Schüler gewinne. „Sie kommt wirklich an die Menschen ran.“