Oberhausen.. Ein Mal im Jahr kommen ehemalige Flüchtlingskinder zum „Familientreffen“. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sie an der Dieckerstraße ein Zuhause.

Wenn sich Pöppel und Hennes in den Armen liegen und von früher erzählen, wenn sie sich beim Bierchen mit den anderen Freunden über den letzten Urlaub und die Enkelkinder unterhalten, dann ist das ein ganz besonderes Familientreffen: Ein Mal im Jahr kommt die Truppe von mittlerweile noch rund 15 Mann zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sie alle in Oberhausen ein Zuhause gefunden. Flüchtlingskinder, Waisen und Vertriebene haben in der sogenannten Heimstatt für Jungen an der Dieckerstraße Unterschlupf bekommen.

Schicksal schweißt zusammen

„Wir haben dort nach der Schule alle einen Beruf gelernt“, erklärt Josef Axmann, den sie damals alle Pöppel nannten. „Wir hatten nichts und konnten nichts, als wir kamen.“ In Oberhausen bekamen sie eine Ausbildung – „und ein Zuhause“, sagt Johannes „Hennes“ Terhorst. „Wir waren ganz allein, unsere Eltern gab es nicht mehr oder wir mussten sie zurücklassen, weil es in unserer Heimat keine Zukunft für uns gab.“ In dem Oberhausener Heim haben sie Halt gefunden.

„Wir teilten alle das gleiche Schicksal, das schweißt zusammen“, sagt der heute 83-Jährige. Der gebürtige Emsländer war damals schon älter, als er in das Haus an der Dieckerstraße zog. Als Maurer baute er das Heim mit auf, durfte als Dank dort übernachten. In seiner Heimat gab es damals keine Arbeit für ihn. In Oberhausen gab es dagegen viel zu tun: „Das ganze Ruhrgebiet lag damals in Schutt und Asche. Da kamen einem die Tränen.“

Johannes Terhorst kümmert sich darum, dass die Freunde ein Mal im Jahr zusammenkommen. „Das mache ich sehr gerne, wir haben ein festes Datum im Frühling, das trage ich immer sofort in den Kalender ein.“ Er erinnert sich gern an damals zurück: „Es waren harte Zeiten, aber es war ein hervorragendes Zusammenleben. Das Heim war unser Elternhaus.“

Hatten die Jugendlichen damals ihre Ausbildungen abgeschlossen, mussten sie die Heimstatt wieder verlassen. „Wir haben das Rüstzeug bekommen, aus unserem Leben etwas zu machen“, erinnert sich Heinz Streibel. „Viele sind wieder zurückgegangen in die Städte, aus denen sie kamen“, weiß Johannes Terhorst.

Nonnen haben die Wäsche gemacht

Andere sind in Oberhausen geblieben – oder halten die Stadt zumindest in guter Erinnerung. Auch für ihn ist Oberhausen ein Stückchen Heimat – auch, wenn er mit seiner Frau längst wieder im Emsland wohnt. „Ich weiß noch genau, wie wir früher mit dem Karren immer zum Josef-Hospital gefahren sind, um Essen zu holen.“ Und die Nonnen vom Vincenzhaus hätten sich immer um die Wäsche der Jungs gekümmert, erzählt er. Gut, dass er und seine Frau über Nacht bleiben. So hat das Paar noch ein bisschen Zeit, vor Ort alte Erinnerungen wieder aufleben zu lassen.