Oberhausen. Schöne Verpackung, das ist sicher. Perfekt gestylt zeigte sich Nicki Minaj bei ihrem 100-Minuten-Auftritt in Oberhausens Arena. Die künstlerische Substanz ist ein anderes Thema.

Selbst als in der Oberhausener Arena der Balladen-Teil beginnt, bleibt Kurven-Rapperin Nicki Minaj am späten Montagabend ihrer Linie treu: Die 32-Jährige zeigt sich im Abendkleid, während ein Musikerkollege das mit einem pinken Flauschfell verzierte Piano bedient. Minaj wäre nicht Minaj, wenn nicht der lang geschnittene Edel-Zwirn selbst jetzt mehr zeigen als verhüllen würde. Die gebürtig aus Trinidad und Tobago stammende Sängerin purzelt als überzeichnete Kunstfigur über die Bühne, deutlich undurchsichtiger als jede knapp geschnittene Garderobe.

Nur zwei Deutschland-Konzerte spielt die Minaj während ihrer Pinkprint-Welttournee, nach Frankfurt blicken nun in Oberhausen 8000 Fans auf wenig Stoff und hören viele Schimpfwörter. Ein Konzert irgendwo zwischen Lady Gaga und Salt’n’Pepa mit besonderen Kenn- und vielen Fragenzeichen. Taugt ein offensiv zur Schau gestelltes Hinterteil als Symbol für den Neo-Feminismus? Funktioniert der so gar nicht lady-like Schimpf-Reigen als vorgehaltener Spiegel in der Machowelt des amerikanischen Sprechgesangs?

Sie teilt gerne aus

Fest steht: Nicki Minaj teilt gerne aus. Gegen Männer, Schönheitsideale, sich selbst. Fest steht erst recht: Freizügige Bühnenshows und kalkulierte Skandale verkaufen sich gut. Kürzlich gelang eine Rekordplatzierung in den amerikanischen Billboard-Charts. Sie zählt zu den am besten verdienenden Rapperinnen der USA und 42 Millionen haben als Fans bei Facebook ihre Seite angeklickt. Zum Vergleich: Mehr als doppelt so viel wie bei Pop-Ikone Madonna, die bekanntlich einst ebenso wenig mit Reizen geizte.

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Ein Indikator für Qualität ist das alles freilich nicht: So wirken die 100 Konzertminuten so perfekt gestylt wie das geschminkte Gesicht der 32-Jährigen, das dauerhaft auf zwei Großleinwände projiziert wird. Für Musiker ist kaum Platz, zwei Keyboarder, ein Schlagzeuger, das war’s. Vier Tänzerinnen und zwei Tänzer benötigen das gesamte Parkett für zweideutigen Schabernack. Kurven bis einem schwindelig wird.

Dauer-Soundtrack für Wochenend-Partys

Im Publikum sind hauptsächlich Teenager bis Mitte 20. Songs wie „Anaconda“ und „Starships“ sind Dauer-Soundtrack für Wochenend-Partys, das unerschütterliche Selbstbewusstsein der Protagonistin als Lebensgefühl. Grün geschminkte Lippen treffen auf pinke Haarperücken. Einen warmen Rollkragenpullover hat keiner dabei.

Die Dynamik zwischen Tanz und rotzigem Rap ist die Stärke von Nicki Minaj. Wenn ihre Mimik von herzlich lächelnd über arrogant zu kokettierend binnen Millisekunden wechselt, ist es dagegen um das Gefühlsechte in der Show geschehen.