Oberhausen. . Wenn die einen feiern, müssen andere arbeiten. Andreas Ande Müller beispielsweise ist Fitnesstrainer bei McFit. Oder Lisa Giszter, sie ist Hebamme.

Am Heiligen Abend erst eine Weihnachtsgans verdrücken und nachher die Kalorien wieder abtrainieren – das ist in Oberhausen kein Problem. Das Fitnessstudio McFit hat durchgehend geöffnet. „Heiligabend wird es bei uns aber sicher recht ruhig zugehen“, sagt Fitnesstrainer Andreas Ande Müller und fügt gleichzeitig hinzu: „Auch wenn es wirklich einige Leute gibt, die nach dem Essen noch etwas Sport treiben wollen.“

Der 38-Jährige hat sich in diesem Jahr – wie 2013 auch schon – freiwillig für den Heiligabend-Dienst gemeldet. Er hat keine Kinder, ist Single. „Und ich freu mich für die Kollegen, wenn sie durch meinen Einsatz Zeit haben, den Abend mit ihren Familien genießen zu können“, sagt er.

Kleiner Baum im Studio aufgestellt

Sieben Stunden dauert die Schicht des Fitness-Trainers. „Ich finde es nicht schlimm, an Heiligabend zu arbeiten“, sagt er. „Da draußen gibt es ganz viele Menschen, die deutlich schlimmer dran sind. Menschen, die keine Arbeit haben, keine Familie, keine Freunde oder schwer erkrankt sind.“

Während seines Diensts wird Müller schauen, ob es Sportler gibt, die Unterstützung bei ihrem Training brauchen und mit Sicherheit wird er auch das ein oder andere Pläuschchen führen. Damit dabei auch etwas Weihnachtsstimmung aufkommt, ist ein kleiner Baum im Studio aufgestellt.

Am zweiten Weihnachtstag hat er Zeit für Familienbesuche

„Wenn ich um 22 Uhr Feierabend habe, fahre ich nach Hause und mache es mir gemütlich“, sagt Müller. „Ich rufe dann noch meine Mutter und ein paar Freunde an und wünsche ihnen ein frohes Fest.“

Am nächsten Tag muss der Trainer dann aber wieder an die Arbeit, erst am zweiten Weihnachtstag hat er Zeit für Familienbesuche. 2015 wird das anders. „Im kommenden Jahr habe ich dann an Weihnachten frei.“

Hoffen auf das Weihnachtsbaby

Falls am Heiligen Abend in Oberhausen ein Kind geboren wird, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Lisa Giszter der werdenden Mutter dabei hilft, es auf die Welt zu bringen. Die 28-jährige Hebamme hat nämlich am 24. Dezember Dienst im Evangelischen Krankenhaus (EKO). „Ich würde gerne mal ein Weihnachtsbaby auf die Welt bringen“, sagt Giszter. „Sollte es aber nicht dazu kommen, bin ich auch nicht traurig. Dann mache ich mir mit meinen Kollegen einen schönen Abend.“

Zwei Ärzte und zwei Hebammen sind am Heiligen Abend in der ersten Etage im Haus F des EKO im Einsatz. Auf dem Flur steht ein kleiner Weihnachtsplastikbaum, eine CD mit Weihnachtsliedern liegt bereit – und auch für ein gemeinsames Weihnachtsessen wollen die Angestellten sorgen. „Wir haben keinen Herd, nur eine Mikrowelle. Also müssen wir vorkochen“, sagt Giszter. „Jeder bringt einen Gang mit, der Arzt sorgt für die Getränke.“ Was genau am Heiligen Abend auf den Tisch kommt, stehe noch nicht fest. 2013 gab es Rehgulasch.

Giszter hat auch im vergangenen Jahr an Heiligabend gearbeitet. „Die Kollegen freuen sich, wenn sich jemand freiwillig meldet“, sagt sie. „Und als Ausgleich habe ich dann an Silvester frei.“ Aufs Feiern im Kreise der Familie muss die Hebamme übrigens trotzdem nicht verzichten: Ihre Schicht endet um 22 Uhr. „Dann setz’ ich mich ins Auto und fahre zu meiner Familie. Die warten sogar mit der Bescherung, bis ich bei ihnen bin.“

Zeit mit den Patienten verbringen

Der Wecker von Andrea Janda reißt die 46-Jährige am Morgen des 24. Dezember um fünf Uhr aus dem Schlaf. „Ich fange an diesem Tag etwas eher an zu arbeiten“, sagt die Pflegedienstmitarbeiterin. „Dann hab ich nach Dienstende noch etwas Zeit, um Besorgungen zu machen, bevor die Supermärkte schließen.“

Jandas Schicht beginnt um sechs Uhr, kurz darauf steigt sie in eines der Pflegedienst-Fahrzeuge der Diakonie und besucht den ersten Patienten des Tages. Wenn ihr Dienst gegen 13 Uhr endet, wird sie bis zu zehn Patienten einen Besuch abgestattet haben. „Die meisten kenne ich schon seit Jahren. Da gehöre ich fast zur Familie“, sagt Janda. Insofern hätten die alten Leute, die sie versorgt, auch Verständnis dafür, dass sie an Weihnachten etwas früher kommt. „Der 24. Dezember ist für mich zwar ein ganz normaler Arbeitstag“, sagt Janda. „Aber ich versuche, mehr Zeit mit den Patienten zu verbringen. Besonders mit denen, von denen ich weiß, dass sie keine Angehörigen mehr haben.“

Den Abend, den Janda dann mit ihrer Familie verbringen wird, hat sie bereits in den Tagen zuvor organisiert. Der Baum ist geschmückt, die Geschenke sind eingepackt. So muss also am Nachmittag des 24. nur noch das Weihnachtsessen vorbereitet werden. Zunächst geht die Familie gemeinsam in die Kirche, danach wird gegessen.

Sorgen um ihre Patienten muss Janda sich an diesem Abend keine machen. „Es gibt eine 24-Stunden-Rufbereitschaft. Wenn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, sind die Kollegen schnell zur Stelle.“

Weihnachten im Burger-Restaurant

Das McDonalds-Restaurant an der Mülheimer Straße ist immer geöffnet. Rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Warum sollte das an Heiligabend anders sein? „Dieser Abend ist bei uns im Restaurant ein Abend wie jeder andere“, sagt Filialleiter Samir Dzeljic (48). „Beim Erstellen der Dienstpläne nehme ich aber schon Rücksicht auf das Fest. Wer Weihnachten feiern möchte, kann das selbstverständlich tun.“

Zusammen mit fünf weiteren Mitarbeitern wird Dzeljic am Abend des 24. Dezember dafür sorgen, dass hungrige Besucher Big Mac, Cheeseburger und Co. zu essen bekommen. „In erster Linie kommen an diesem Abend erfahrungsgemäß ausländische Mitbürger zu uns, die kein Weihnachten feiern“, erzählt Dzeljic.

Tagsüber kämen Jugendliche, die sich mit ihren Freunden treffen, und abends seien auch Besucher dabei, die offenbar einsam sind und nicht alleine zuhause sitzen möchten.

Dzeljic hat in der Vergangenheit schon so manchen Heiligen Abend im Burger-Restaurant verbracht. „Ich arbeite gerne hier und bin gerne mit meinen Mitarbeitern zusammen“, sagt er. Dass er nicht mit seiner Familie feiern kann, macht ihm nichts aus. „Wir sind orthodoxe Christen. Also feiern wir Weihnachten erst am 6. Januar.“