Oberhausen. Die Lehrer der Oberhausener Gymnasien haben einen erstaunlichen Brief geschrieben: Sie stellen der derzeitigen Schulpolitik ein äußerst schlechtes Zeugnis aus.
Offen und mutig hat Brigitte Fontein, Direktorin des Elsa-Brändström-Gymnasiums in der Innenstadt, als erste Schulleiterin der Region in der WAZ die tatsächlichen Probleme im Alltag geschildert, nicht-behinderte und behinderte Schüler gemeinsam zu unterrichten. Jetzt erhält sie dafür überraschend breite und solidarische Unterstützung aller anderen Oberhausener Gymnasien.
Für neue Aufgaben nicht vorbereitet
„Wir unterstützen die Kritik an der Gestaltung des Inklusionsprozesses durch Stadt und Land. Eine einfache Übertragung des im Ansatz falsch konzipierten Systems auf weitere Schulen ist nicht die richtige Lösung. Wir fühlen uns als Lehrerinnen und Lehrer absolut nicht auf die neuen Aufgaben vorbereitet“, schreiben die vier Lehrerräte des Bertha-von-Suttner-, des Heinrich-Heine, des Freiherr-vom-Stein- und des Sophie-Scholl-Gymnasiums in einem offenen Brief.
Die deutlichen Sätze sind Ohrfeigen für die bisherige schulische Inklusionspolitik der rot-grünen Landesregierung in Düsseldorf und den konkreten Vorhaben der Oberhausener Schulverwaltung.
„Wir halten das derzeitige Konzept für unausgereift und es ist nicht nur finanziell und räumlich, sondern auch personell völlig unzureichend ausgestattet“, warnen die Pädagogen besorgt. „Wir stellen uns seit Jahren der Herausforderung der zunehmenden Heterogenität unserer Schülerschaft durch immer stärker steigende Übergangsquoten, solange die Jugendlichen dieselben Abschlüsse (mittlerer Bildungsabschluss oder Abitur) zum Ziel haben. Allerdings halten wir eine zieldifferente Förderung für nicht vereinbar mit der Struktur unseres jetzigen Schulsystems (besonders unter den Bedingungen des Turboabiturs).“
Inklusion konzeptionell vorbereiten
Dabei wenden sich die Oberhausener Gymnasiallehrer nicht gegen die Inklusion selbst. „Die Integration von Kindern unterschiedlicher Handicaps mit dem Ziel, gymnasiale Bildungsabschlüsse zu erreichen, ist für uns schon seit Jahren selbstverständliche Praxis. Wir fordern die Politiker der Stadt Oberhausen und des Landes NRW auf, dass sie die schulische Inklusion von Kindern deutlich besser konzeptionell vorbereiten und finanziell ausreichend ausstatten.“
Ein Erfolg der Inklusion sei frühestens erst dann möglich, wenn es mehr Stellen für den realen Bedarf gebe und wenn zusätzlich sonderpädagogisches Fachpersonal für eine doppelte Klassenführung in ausreichender Zahl eingestellt werde. Die Eile in der Umsetzung der Inklusion sei nicht angemessen.