Oberhausen. . Das Buch „Feuersturm an der Ruhr“ bewahrt ihre Geschichten. Auch viele Oberhausener erzählen von ihren Erlebnissen während der Luftangriffe.

Oberhausen galt als Waffenschmiede und wurde im Zweiten Weltkrieg mit Luftangriffen übersät: 160-mal seit 1940, die schwersten erlebte die Stadt 1943. Das Buch „Feuersturm an der Ruhr“, herausgegeben von WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock, bewahrt auch die Erinnerungen vieler Oberhausener an den Bombenkrieg im Ruhrgebiet.

Anneliese Brodmann ist eine davon. Die Bombennächte, der Hunger. „Wir sind in die Angst reingewachsen. Es wurde immer schlimmer. Erst nach dem Krieg sind wir wieder aufgelebt“, sagt die 82-Jährige. 1942 lag ihr Bruder Adolf im Josefshospital. Er hatte Scharlach und sollte am nächsten Tag entlassen werden. „Als die Bomben fielen, wurden alle Patienten in den Keller gebracht. Ihn hat man vergessen.“ Der Achtjährige starb am 9. März 1942. Ein Foto und das Familienstammbuch ist alles, was Anneliese Brodmann von ihm blieb.

Ab sofort im Buchhandel und im WAZ-Leserladen

Das Buch „Feuersturm an der Ruhr“, herausgegeben von WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock und im Essener Klartext-Verlag erschienen, ist für 17,95 Euro im Buchhandel zu haben – aber natürlich auch im Leserladen der WAZ an der Helmholtzstraße 30 (Öffnungszeiten: mo bis fr von 9 bis 17 Uhr, sa 9 bis 13 Uhr).

Auf rund 300 Seiten werden die Erinnerungen von WAZ-Lesern aus dem Revier an den Bombenkrieg bewahrt. Von ihren Erlebnissen berichten Männer und Frauen aus Bochum, Bottrop, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Hattingen, Herne, Mülheim, Oberhausen, Velbert sowie Witten.

Egon Berchter, Ehrenvorsitzender und einer der Gründer der Lebenshilfe, wohnt heute in Schmachtendorf. Seine Kindheit verbrachte er in Eisenheim. Voll kindlicher Neugier lief der damals Zehnjährige in die Ritterstraße, um das erste vom Luftkrieg zerstörte Haus in Oberhausen zu sehen. „Wir waren erschrocken.“ Und er ahnte, „dass da Schlimmes auf uns zukommt“, die Kindheit der Eisenheimer Jungs nun beendet ist.

Eine Flakstation an der Stadtgrenze zog die Luftangriffe auf den Hof von der Bey. Die Familie überlebte im Keller, doch das Bauernhaus war zerstört. Fünf Jahre alt war Friedhelm von der Bey damals. Der 76-jährige Landwirt weiß: „Fünf Meter weiter – und wir wären alle ausgelöscht worden.“ Unter den Stalltrümmern lagen die Tiere des Hofes, dieses Bild bekommt er nicht aus dem Kopf.

2200 Menschen kamen ums Leben

In der Nacht auf den 27. April 1943 fielen 70 Luftminen, 275 Sprengbomben, 7000 Phosphorgranaten, 45.000 Stabbrandbomben auf die Stadt. 7000 Häuser wurden beschädigt, elf Kirchen zerstört. Gerd Plasmeier ging als Neunjähriger trotzdem am nächsten Tag zur St. Antonius-Kirche. „Die Stätte, an der ich zwei Tage zuvor meine erste Heilige Kommunion empfangen hatte: ein einziges Chaos.“

Mit mehr als 100.000 weiteren Kriegsgefangenen musste Hermann Hüwels seit April 1945 in Rheinberg ausharren – „sechs Wochen unter freiem Himmel, vom Regen nass, von der Sonne getrocknet“. 4000 Mitgefangene haben dieses Lager nicht überlebt. „Davon sind meine Füße heute noch verfroren“, sagt der 90-Jährige.

Bis Kriegsende kamen in Oberhausen rund 2200 Menschen bei den Bombenangriffen der Alliierten ums Leben. 500 davon waren Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene. 40 Prozent aller Gebäude wurden beschädigt oder zerstört. Oberhausen aufzubauen – das sollte bis in die Mitte der 50er Jahre dauern.