Oberhausen. Die Zahl der Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt draußen haben, steigt weiter. Auffällig sei, dass der Anteil der jüngeren Menschen unter 25 Jahren zunehme. „Diese Entwicklung sehen wir seit einiger Zeit und wir gehen davon aus, dass sie sich weiter zuspitzen wird“, so Sozialarbeiter Bremkamp.
Immer mehr Menschen in Oberhausen haben ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße. Knapp 650 Mitbürger betreute die Wohnungslosenhilfe der hiesigen Diakonie im vergangenen Jahr. „In den Vorjahren hatten wir im Schnitt Kontakt mit 500 bis 550 Personen“, berichtet Sozialarbeiter Frank Bremkamp. Auffällig sei dabei, dass der Anteil der jüngeren Menschen unter 25 Jahren deutlich zunehme. „Diese Entwicklung sehen wir seit einiger Zeit und wir gehen davon aus, dass sie sich weiter zuspitzen wird.“
Bereits heute würde knapp jeder dritte Betroffene in diese Altersgruppe fallen – 2005 gab die Diakonie den Anteil der Wohnungslosen unter 25 mit rund 18 Prozent an. „Eine Verschärfung im Sozialgesetzbuch hat zu dieser Entwicklung beigetragen“, so Bremkamp. „Durch die Reform des SGB II war es ursprünglich für junge Menschen möglich, mit 18 Jahren in eine eigene Wohnung zu ziehen.“ Die Miete übernahm der Staat. „Da sich die Anträge häuften, schob der Gesetzgeber aber einen Riegel vor.“
Auf der Straße, aber nicht obdachlos
Zum Nachteil von Jugendlichen, die nicht in ihrem Elternhaus bleiben können. „Wenn jemand körperlicher oder vielleicht sogar sexueller Gewalt ausgesetzt ist, gibt es für ihn nicht die Alternative, zu Hause zu wohnen.“ Die zuständigen Jobcenter würden jedoch in vielen Fällen auf die elterliche Sorgfaltspflicht verweisen – per Gesetz haben Eltern auch dann eine finanzielle Unterhaltspflicht, wenn ihre volljährigen Kinder nicht mehr unter dem selben Dach wohnen. „Hier würde ich mir mehr Fingerspitzengefühl von den zuständigen Stellen wünschen.“
Mit Blick auf die kalte Jahreszeit sieht der Sozialarbeiter Oberhausen jedoch gut aufgestellt. „Viele Betroffene können einige Tage bei Freunden und Verwandten unterkommen.“ Zudem sei längst nicht jeder, der seinen Lebensmittelpunkt auf der Straße habe, auch obdachlos. „Ein gewisser Anteil ist nur auf der Straße, weil ihnen in ihrer Wohnung die Decke auf den Kopf fällt“, so Bremkamp.
Für jeden findet sich eine Unterkunft
Nur in absoluten Ausnahmefällen würden es Obdachlose vorziehen, auf der Straße zu übernachten – „Platte“ zu machen. „Meine Kollegen laufen in kalten Nächten oft die Treffpunkte ab und versuchen schon Wochen vor dem Winterstart ins Gespräch zu kommen.“ Dabei wird auch Hilfe angeboten.
Anstieg um 15 Prozent
Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) schlägt aktuell Alarm: In der Zeit von 2010 bis 2012 hat sich nach Schätzungen die Zahl der Wohnungslosen bundesweit um 15 Prozent auf 284 000 Personen gesteigert. Bis 2016 könnte es sogar einen weiteren Anstieg geben auf dann 380 000 Betroffene.
Vor diesem Hintergrund fordert die BAG W eine Ausweitung der Kapazitäten bei der Kältehilfe und in der Notunterbringung.
„Sollte jemand keine Bleibe habe, ist es uns bislang immer gelungen, etwa zu vermitteln, damit bei Minustemperaturen keiner auf der Straße schlafen muss“, berichtet der Sozialarbeiter weiter. Er lobt auch die Zusammenarbeit mit der Stadt – diese unterhält an der Wewelstraße eine Unterkunft mit 60 Plätzen. „Das Carl-Sonnenschein-Haus der Caritas ist ebenfalls eine Anlaufstelle, auch wenn es auf eine dauerhaftere stationäre Unterbringung ausgelegt ist.“