Mülheim/Essen. Essens und Mülheims Grüne bekräftigen ihre Forderung nach einem Radweg auf der Mintarder Brücke. 5000 Auto-Pendler pro Tag könnte er einsparen.

Die Gleichberechtigung von Fahrrad und Auto könnte bald schon einen großen Schritt nach vorne machen – wenn die Landespolitik künftig beim derzeit noch geplanten Neubau der Ruhrtalbrücke nicht nur die Autobahn A52 erneuert sondern parallel noch einen Radschnellweg in luftiger Höhe hinzufügt. Für Mülheim könnte das konkret Entlastung bringen im täglichen Pendlerverkehr nach Düsseldorf.

So jedenfalls begrüßt die Stadt laut einer Stellungnahme an den Verkehrsausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen einen solchen Bau: „Schnelle und möglichst auto- bzw. sogar kreuzungsfreie Radwegeverbindungen sind geeignet, die Kfz-Nutzung bei Pendlerströmen zu reduzieren“, heißt es dort. Wichtig ist den Mülheimer Planern zudem der Anschluss „der höher gelegenen Stadtteile beiderseits des Ruhrtales“ und auch ein geeigneter Anschluss des Ruhrtalradweges, der jedoch unterhalb der Brücke verläuft.

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Grüne NRW-Fraktion will Radweg entlang der Ruhrtalbrücke

Auslöser der Debatte ist ein Antrag, den die grüne NRW-Fraktion Anfang des Jahres im Landtag stellten. Er schlägt den zusätzlichen Radschnellweg entlang der Ruhrtalbrücke vor, um das Fahrrad als Alternative zum Auto zu stärken. Knackpunkt bei der Sache: Straßen-NRW plant nicht nur eine Sanierung der Brücke, sondern sogar einen Ausbau des aktuell noch vierspurigen Autoverkehrs auf sechs Spuren.

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Hier zieht der Antrag der Grünen die Reißleine und will jeweils eine Spur zugunsten eines großzügigen und sicheren Radweges einsparen. Mehrdad Mostofizadeh, Mitglied im Landtag für die Grünen, sieht darin keine Hürde, nicht nur, weil der Verzicht auf zwei Autobahnspuren gegenüber Radwegen die Kosten deutlich senken könnte: „Es gilt: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.“ Sprich: Wer die Verkehrswende – und damit weniger Lärm und Umweltbelastung – wolle, müsse auch den Autoverkehr reduzieren. Derzeit hat das Auto noch einen Verkehrsanteil von bis zu 65 Prozent.

„Wir schaffen am Breitscheider Kreuz ein Nadelöhr“

Martin Tönnes, ehemals grüner Planungsdezernent des Regionalverbands Ruhr und einst zuständig für die Entwicklung des Radschnellwegs RS1, sieht in einem sechsspurigen Ausbau der Brücke auch wenig Sinn: „Wir schaffen dann am Breitscheider Kreuz ein Nadelöhr.“ Die Folgekosten dafür und weiteren Ausbau der A52 nach Essen „gingen in die Milliarden“, schätzt Tönnes.

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Wie stark ein solcher Radschnellweg den Pendelverkehr mit dem Auto entlasten könnte, rechnet Brigitte Erd, planungspolitische Sprecherin der Mülheimer Grünen, vor: Gut 20.000 Pendler seien täglich zwischen Mülheim und Düsseldorf unterwegs, stiegen davon nur ein Viertel aufs Rad um, sprich 5000 Pendler, wäre das schon eine enorme Reduzierung. Damit wären weitere Autospuren auch nicht mehr notwendig, argumentiert Erd.

Denn die Entlastung gilt nicht allein für Mülheim. Selbst Nachbar Ratingen geht davon aus, dass sich ihr Pendelverkehr zwischen Mülheim (etwa 2200) und Essen (rund 4700) deutlich reduzieren könnte. Tönnes, der in Ratingen für das Bürgermeisteramt kandidiert, mahnt, „diese Zukunftsoption nicht zu verspielen“.

Essens OB Thomas Kufen: „Qualitativ hochwertige regionale Radverkehrsverbindung“

Baubeginn 2024

Bleibt die Frage der Kosten. Mit rund 300 Millionen Euro soll die Brückensanierung nach aktuellem Stand wohl zu Buche schlagen. Baubeginn: frühestens 2024.

Das sei in etwa der Betrag, den die Fahrradvorzeigestadt Kopenhagen in zehn Jahren für ihren Fahrradverkehr investiere, kritisiert Mehrdad Mostofizadeh das Ungleichgewicht zwischen den Investitionen ins Auto und ins Rad.

Mülheim und Ratingen stehen nicht allein: Essen hat die Idee schon zur Chefsache gemacht. Ein Radschnellweg entlang der A52 wäre eine „qualitativ hochwertige regionale Radverkehrsverbindung“, schätzt Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU). Er habe bereits die Leitung des Landesbetriebs Straßen NRW angeschrieben, und um einen solchen Weg in die Ausbauplanungen einzubeziehen.

Ist der Radschnellweg über das Ruhrtal umsetzbar? Straßen-NRW sagt zumindest nicht nein: „Als Entscheidungsgrundlage bedarf es hierbei der Erstellung entsprechender Grobplanungen, Bedarfsanalysen und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, welche im Rahmen der Beantragung durch kommunale Interessenten in Form einer Potenzialanalyse detailliert und in enger Abstimmung mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW zu erarbeiten sind“, heißt es in einer Stellungnahme an den Landtag.