Mülheim. . Das Ensemble der Volxbühne beschäftigt sich in seiner neuen Eigenproduktion mit einer fremden Kultur und hält uns den Spiegel vor. Die fiktive Theaterreise führt nach Indien. Es ist ein Theaterstück an der Grenze des Lebens – und hat eine große Lebendigkeit.

In Varanasi, der heiligsten Stadt des Hinduismus in Indien – einem Ort des Lebens und des Sterbens, haben die Seelen quasi einen direkten Lift nach oben. Was bedeutet ein Kopfwackeln in Indien, warum ist helle Haut wichtig und sind Kühe heilig? Und überhaupt, wie ist es um die Sicherheitslage im Verkehr oder die Bestattungskultur bestellt? Fragen über Fragen tun sich auf über die Sitten, Gebräuche und Traditionen des fernen Staates in Südasien. Da reichen die kleinen Informationsfetzen aus den Medien nur zu einem Lückengebilde voller Vorurteile über das Land, die Menschen und die Kultur.

Mit den unterschiedlichen Gesellschaftsmodellen, Ritualen und Tabus setzt sich das Ensemble der Volxbühne in der neuen Eigenproduktion „Mülheim, Bombay, Satellites“ auseinander. Es nimmt den Besucher mit auf die fiktive, lebendige und bunte Reise nach Indien. Das alles aus einem typisch deutschen Wohnzimmer heraus. Neun sehr verschiedene Persönlichkeiten im Alter zwischen 61 und 77 Jahren haben sich auf den Weg gemacht. Von ihren „Reiseerlebnissen“ berichten sie anhand von Erzählungen, Fotos, Filmen und Dokumenten, die während des Projektes gesammelt wurden oder entstanden sind. „Ein Verwirrspiel mit Realitäten“, nennt es Regisseur Jörg Fürst. Die im Stück-Titel auftauchende indische Metropole Bombay stehe für Fremdes schlechthin. So gibt es dort das Beerdigungsritual der Verbrennung. „Aber wie sieht es vor der eigenen Haustür aus?, fragt Fürst: Wie gehen wir mit dem Tod, der Vergänglichkeit und anderen Tabu-Themen um? Schnell sind da Vor- und Werturteile mit im Spiel. So wird auf dieser „Reise“ Erlebtes gespiegelt, Fakten über Indien werden auf unser Leben in Mülheim übertragen. Das klingt nach einem turbulenten Aufprall der Kulturen.

Ensemble kehrt zu Wurzeln zurück

Mit der neuen Eigenproduktion kehrt das Ensemble wieder zu seinen Wurzeln zurück, eigene Stücke zu entwickeln. Premiere hat „Mülheim, Bombay, Satellites“ am 12. November, 19.30 Uhr, im Theaterstudio an der Adolfstraße 89a. Geplant war die Uraufführung eigentlich für heute. Doch wegen der Erkrankung von Ensemble-Mitgliedern oder in deren Familien habe sich die Produktion verzögert, erläutert Fürst. Zudem werden die Proben vom Tod der ältesten Spielerin überschattet, die erst kürzlich mit 85 Jahren verstorben ist.

In einem Alter teils weit jenseits der 50 beschäftigen sich die rund 30 Ensemble-Mitglieder mit Themen wie Tod und Vergänglichkeit. „Ich finde, dass die Gruppe sehr gut damit umgeht“, sagt Jörg Fürst, Jahrgang 1969. Der in Köln lebende Regisseur leitet das Mülheimer „Theater der Generationen“ seit gut einem Jahr. „Theater an der Grenze des Lebens zu machen, das ist für mich sehr spannend und hat eine große Lebendigkeit.“ Das ganze Team sei sehr engagiert: „Alle ziehen sie mit.“ Immerhin proben die Spieler in der Endphase des Stückes fünf Mal in der Woche.