Mülheim. . Auf der Bismarckstraße installiert die MVG eine neue Fahrleitung für die Straßenbahn. Vier Monate nach dem Pfingststurm „Ela“ schickt sie sich endlich an, die Schäden zu beseitigen. An Weihnachten soll alles fertig sein – und die Linie 110 wieder auf Schienen rollen.

Auf der Bismarckstraße tun sich zahlreiche Baulöcher auf. Dort rattert der Bohrer und mehrere Leute schauen zu. Sie sehen genau hin, ob sich im Schacht nicht plötzlich eine alte Bombe zeigt. Über dem Kahlenbergviertel haben die Alliierten im Zweiten Weltkrieg „reichlich abgeladen“. „Wir wollen hier jetzt keine bösen Dinge erleben“, sagt der Mann vom Kampfmittelräumdienst. Der Bau der neuen Fahrleitung für die Straßenbahn hat begonnen. Umstürzende Bäume hatten beim Pfingststurm „Ela“ die alte Drahtkonstruktion zwischen Witthausstraße und Spielplatz heruntergerissen.

Anlieger müssen sich vorübergehend andere Parkplätze suchen. Das soll aber nur bis zum Ende der Bauarbeiten so sein. „Wir graben gerade die Vorschächte für die Fundamente der neuen Masten“, beschreibt Jens Kloth. „Sollten wir feststellen, dass Parkplätze wegfallen, werden wir versuchen, in Absprache mit den Anliegern und der Stadt bessere Lösungen zu finden“, kündigt der Sprecher der Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft (MVG) an. Das werde sich in der nächsten Woche – je nach Baufortschritt – herausstellen.

Ortsbild nicht verschandeln

Günstiger ist nicht immer besser oder schöner. Anlieger der Bismarckstraße werden das bald erkennen, wenn die Peinermasten – dicke H-Pfosten – vor ihren Häusern stehen. Der Spardruck bei Via und MVG ist groß. Aber der Betrieb darf nicht nur für sich fahren. Das müssen Politiker doch blicken.

Was für Ingenieure das Tollste ist, verschandelt das Ortsbild. In der Nachbarstadt stehen – sieht hart aus – plumpe Masten direkt vor Fassaden, weil es vorgeblich nicht anders geht. Wer ein Gefühl für Ästhetik hat, sucht Dezenteres.

Eine Straßenbahn braucht fast nie eine Hochkette, die gehört zur Eisenbahn. Ein guter Betrieb passt seine Oberleitungen mit möglichst wenig Drähten ins Ortsbild ein. Dafür sind mehr Stromeinspeisepunkte nötig, die das Fahren mit Kunden zuverlässiger machen. Sie helfen sogar neuen Bahnen mit Klimaanlage, die angeblich mehr Strom verbrauchen als die alten.

Wem eine gut aussehende Stadt allerdings nichts wert ist, der pflanzt weiter plumpe Pfosten. (Frank-Rainer Hesselmann)

Neue Hochkettenfahrleitung auf 800 Metern Länge

Zwischen Sportplatz und der Einmündung Witthausstraße (B 1) wird die MVG demnächst so genannte Peinermasten beiderseits der Fahrbahnen in den Boden setzen und einbetonieren. „Wir bauen dort auf 800 Metern Länge eine neue Hochkettenfahrleitung. Diese können wir wegen zu hoher Zugkräfte nicht mehr in den Hauswänden verankern. Außerdem sind die Häuser für eine Hochkettenanlage zu niedrig“, erklärt der MVG-Sprecher. Auf 300.000 Euro hat die MVG den Sturmschaden geschätzt. Der Leitungsneubau für die Straßenbahnen auf der Linie 110 soll 500. 000 Euro kosten. Anschließend werden alle alten Masten und Wandrosetten – sie stammen teilweise aus der Nachkriegszeit – abgebaut.

Nicht nur die fehlenden Bäume haben das Erscheinungsbild der Bismarkstraße verändert. Auch die neuen Peinermasten werden das Stadtbild mit ihrer Größe prägen. „Die starken Masten müssen sein, weil sonst die Fahrdrahtkonstruktion nicht hält. Aber wir haben eine schlankere Version gewählt. Die sind günstiger“, sagt Jens Kloth.

Fast vier Monate hat die MVG gebraucht, um nach dem Sturm mit dem Neubau der Stromzufuhr für die Straßenbahnen zu beginnen. Andere hätten gern auf dem Ast der Linie 110 die komplette Stilllegung gesehen. Die Bezirksregierung hat das verhindert. Zu Weihnachten könnten die Bahnen wieder über die Bismarckstraße fahren.