Mülheim. .

Das Ruhrgebiet hat weit mehr als die Klischees von rauchenden Schloten, Büdchen und Fußball zu bieten. Die Region zeigt sich sowohl von der historischen als auch von der modernen Seite. Mal etwas anderes als die malerischen Ausflugsziele haben sich Stefanie Kuhne und Ralf Koss für ihr Buch „111 Orte im Ruhrgebiet, die uns Geschichte erzählen“ ausgeguckt.

Von der A40 (Wir sind das Ruhrgebiet) über Klein Warschau in Bochum und das Eduard-Müller-Krematorium in Hagen bis zur Hollandlinie in Wesel und dem Bahnhof in Wetter reichen die außergewöhnlichen Sehenswürdigkeiten.

„Einmal Ruhri, immer Ruhri“

„Einmal Ruhri, immer Ruhri“ ist die Devise der gebürtigen Essenerin Stefanie Kuhne. Ralf Koss, geboren in Duisburg, veröffentlichte bereits „111 Fußballorte“ im Ruhrgebiet. Für Mülheim hat das Autoren-Duo mit der Wald- und Gartenstadt, dem ehemaligen Solbad Raffelberg und dem Stadtbad drei Orte ausgewählt, die mit der Mülheimer Vergangenheit, aber auch mit der Gegenwart verbunden sind.

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Industrielle aus Duisburg, Mülheim und Gelsenkirchen gründeten 1906 die Broich-Speldorfer Gartenstadt AG. Ziel war es, sich einen repräsentativen Sitz mit luxuriösen Villen im Grünen zu schaffen – weit weg von ihren Fabriken. Als erster bezog der Vorsitzende der Gelsenkirchener Bergwerks AG, Emil Kirdorf, sein Haus: den Streithof. Gerhard Küchen aus der Familie Stinnes und Fritz Thyssen folgen dem Beispiel. Doch die Gartenstadt-Idee versandete im Waldboden. Der nahende Erste Weltkrieg und die Lage zu weit außerhalb machten dem Projekt 1933 ein Ende. Haus Küchen ist heute die Hotel Residenz Uhlenhorst, der Streithof eine Psychiatrische Klinik, und das Anwesen von Fritz Thyssen ist ein Villenpark für Eigentumswohnungen.

„Palais am Stadtkai“

Auch das ehemalige Stadtbad an der Ruhrbrücke wurde im Rahmen von Ruhrbania zum „Palais am Stadtkai“ mit hochwertigem Wohnraum. Eine Spende von August und Josef Thyssen ermöglichte den Bau der öffentlichen Badeanstalt, die 1915 eröffnet wurde und allein im ersten Monat 15.000 Menschen aus Nah und Fern anzog. Das Solbad, heute Theater an der Ruhr, stand bereits im Fokus des Mülheimer Künstlers Heiner Schmitz, der anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Gebäudes 2009 einen wunderbaren Bildband herausbrachte.

Durch seinen Jugendstil-Charakter gilt es als besonderes Bauwerk. Schmitz verewigte das Solbad 1993, vier Monate nach der Schließung, in einer Fotodokumentation. Die Badeeinrichtung mit dem gesamten Gebäude-Ensemble, Badehaus, Kurhaus, Kindersolbad und Kurpark war in den 1920er und 1930er Jahren ein gesellschaftlicher Treffpunkt vor allem für die betuchteren Schichten.